Griebnitzsee: Bagger auf dem Uferweg
Der Streit um den ehemaligen Kolonneweg der DDR-Grenztruppen am Griebnitzsee droht erneut zu eskalieren. Anrainer an der Virchowstraße lassen derzeit die Betonplatten und den Asphalt beseitigen.
Stand:
Babelsberg - Der seit Jahren andauernde Konflikt um den Uferweg auf dem ehemaligen Mauerstreifen am Griebnitzsee droht erneut zu eskalieren: Drei Anrainer an der Virchowstraße lassen derzeit die Betonplatten und den Asphalt des ehemaligen Kolonnenwegs der DDR-Grenztruppen, der über ihre Grundstücke führt, auf rund 100 Metern Länge beseitigen. Zudem schütten Bagger Sand auf, um das Ufer einzuebnen.
Während die Anrainer versichern, sie wollten einen öffentlichen Uferweg nicht verhindern, sorgt die Aktion im Potsdamer Rathaus und bei Nachbarn für Aufregung. Denn für das Griebnitzsee-Ufer gilt eine Veränderungssperre – das Stadtparlament hat sie beschlossen, damit Anrainer keine weiteren Fakten schaffen können, bis der neue Uferweg-Bebauungsplan rechtskräftig ist. Der Plan soll jedoch erst im Dezember den Stadtverordneten zur Beratung und Abstimmung vorgelegt werden. Mit einer Klage von Seeanrainern gegen den Bebauungsplan rechnet die Verwaltung zudem; schon den ersten Uferweg-Bebauungsplan hatte das Oberverwaltungsgericht kassiert.
Stadtsprecher Stefan Schulz nannte die Arbeiten am Uferweg an der Virchowstraße am Freitag „ärgerlich“. Die Stadt müsse aber ihre Rechtsposition noch überprüfen, bevor sie einen Baustopp aussprechen könne. Es sei bisher nicht klar, ob die Veränderungssperre die Entfernung des Kolonnenwegs umfasse. Schulz sagte, die Stadt „hoffe nicht auf eine weitere Eskalation“. Es sei „jeder Einwohner aufgerufen, auf den rechtskräftigen Bebauungsplan zu warten“.
Das sieht einer der drei Anrainer, die den Kolonnenweg beseitigen lassen, anders. „Wir wollen nicht länger warten“, sagte Stefan Grzimek als Verwalter eines der Grundstücke auf PNN-Anfrage. Auf nahezu allen anderen Ufergrundstücken sei der „wirklich hässliche Weg“ entfernt worden, „wir sehen nicht ein, dass wir unsere Gärten noch lange mit diesem Weg genießen sollen“, so Grzimek. Er betonte, dass sie einen öffentlichen Uferweg nicht ablehnten – im Gegenteil: Man habe der Stadt die Flächen längst für den Uferweg angeboten. Dass er und die Nachbarn jetzt den Kolonnenweg entfernen ließen, sei auch deshalb unproblematisch, weil der neue Bebauungsplan ohnehin vorsehe, dass der künftige Uferweg dichter am Wasser verlaufe. Diesen Streifen halte er frei, so Grzimek, der sich im Verein „Energie Forum Potsdam“ engagiert und im Aufsichtsrat der städtischen Pro Potsdam GmbH sitzt. Allerdings hat der Ufer-Bebauungsplan bisher nur Entwurfsstatus.
Bei Nachbarn Grzimeks sorgte für Verwunderung, dass das Potsdamer Rathaus trotz der Brisanz des Griebnitzsee-Konflikts tagelang kaum auf die Hinweise zur Kolonnenweg-Beseitigung reagiert habe. Die Arbeiten hätten am Mittwoch begonnen, hieß es, doch nach täglichen Anrufen sei die Bauaufsicht erst am Freitag vor Ort gewesen. Stadtsprecher Schulz konnte zu den Gründen dafür keine Auskunft geben.
Für Erstaunen sorgte in Potsdam unterdes eine Nachricht aus Berlin: Der Jurist Christoph Partsch, der seit Jahren streitbar zahlreiche Griebnitzsee-Sperranrainer vertritt, ist seit 1. Oktober der erste und einzige „Vertrauensanwalt“ des Landes Berlin und soll Hinweise bei Korruptionsverdacht in der Verwaltung entgegennehmen. Das Abgeordnetenhaus hatte die Schaffung einer solchen Stelle beschlossen, Partsch gewann ein Interessenbekundungsverfahren.
Der rund drei Kilometer lange Griebnitzsee-Uferweg ist seit Jahren umkämpft. Derzeit ist er in weiten Teilen gesperrt und beseitigt. Zuvor hatten Stadt und Anrainer sich jahrelang nicht einigen können; als der erste Bebauungsplan für nichtig erklärt wurde, sperrten Anrainer den Weg über ihre Grundstücke. Zuletzt hatte der Griebnitzsee-Uferweg den Bundestag beschäftigt, weil Potsdam Uferflächen vom Bund kaufen wollte. Dieser forderte aber ein Höchstgebot von der Stadt. Darin sahen Gegner eine Missachtung des Allgemeinwohls. Jetzt wiederholt sich der Disput am Groß Glienicker See, wo ebenfalls um einen Uferweg gekämpft wird. Auch dort will der Bund seine ehemaligen Mauerflächen zum Höchstpreis verkaufen – obwohl die Stadt dort einen gültigen Bebauungsplan vorlegen kann.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: