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Von Kay Grimmer: Bahnhof ein „Super GAU“

Stadtführerin Susanne Fienhold Sheen referierte beim „Freien Tor“ über die Außenwirkung Potsdams

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„Potsdam haut die Touristen um.“ Sagt Susanne Fienhold Sheen. Sie muss es wissen, die 41-Jährige ist seit fast sechs Jahren private Stadtführerin in der Landeshauptstadt. „Jeder Gast, der nicht weiß, was ihn in Potsdam erwartet – und das sind eine ganze Menge – ist überwältigt“, ist ihr Resümee, das sie am Donnerstagabend beim Bürgerverein Freies Tor zog. Die Organisation hatte Fienhold Sheen eingeladen, um über Potsdams touristische Wirkungen zu sprechen.

Potsdam brauche keine spezielle Werbebotschaft, „keinen Claim“, sagt die gebürtige Weimarerin, die seit den siebziger Jahren in Potsdam lebt. Die Stadt steht für sich. Doch sei konkrete Werbung noch verbesserungswürdig. Beispielsweise mit der preußischen Geschichte, die – so hat Fienhold Sheen entdeckt – immer stärker nachgefragt werde. „Wer preußische Geschichte wegdrückt, raubt der Stadt eines der wichtigsten Pfründe.“ Ähnlich wie die Verbindung zum Militär, die „in all ihrer Widersprüchlichkeit“ ein Alleinstellungsmerkmal bedeute.

Beruhigung versuchte Fienhold Sheen bei den üblichen Ärgernissen Graffiti oder Hundekot zu verbreiten. „Natürlich ist es nicht schön, aber die meisten Gäste kennen Ähnliches aus der eigenen Heimat. Und das öfter auf den Boden geguckt werden müsse wegen der „Tretminen“ würden viele bereits aus Berlin kennen, so die Stadtführerin.

Viel wichtiger sei hingegen, die Individualität in der Stadt zu stärken. „Der Tourist kommt nicht wegen der Kaufhausketten sondern wegen der kleinen einzigartigen Geschäfte“, so die Stadtführerin, die deshalb auch an die Hausbesitzer appellierte, nicht die Mieten zu erhöhen. „Damit berauben sie sich selbst späterer Einnahmen, wenn nur noch Ketten die Quadratmeterpreise in der Innenstadt bezahlen könnten.Die Freundlichkeit in der Gastronomie habe sich in den letzten Jahren enorm verbessert.

Der Hauptbahnhof ist aus Sicht Fienhold Sheens und ihrer Gäste „eine Katastrophe, der absolute Super-Gau“. Es gebe keine anständige Touristen-Information, von einer Beschilderung ganz zu schweigen. Potsdams Bahnhof sei eine „Shopping Mall mit angeschlossenen Gleiszugang.“ Man könne glauben, in Leuna gelandet zu sein, wenn sich die Zugtür in Potsdam öffnet, echauffiert sich Fienhold Sheen.

Kritik üben Gäste auch am Weihnachtsmarkt. „Deren Meinung: Stampft ihn ein!“ Eine Forderung, die Wasser auf die Mühlen des Bürgervereins Freies Tor ist. Deren Vorsitzende, Ellen Chwolik-Lanfermann, sagte: „Wir haben versucht, den Markt zu versetzen, doch der Oberbürgermeister hat mit einem ,Basta“ den Markt in der Brandenburger Straße gelassen.“ Laut Stadtführerin Fienhold Sheen verstünden Gäste nicht, wieso Potsdam seine Barockhäuser zustellen würde.

Ganz zum Schluss erinnert die Stadtführerin noch an die kleinste, doch oft wirkungsvollste Werbung für die Stadt: „Sprechen sie Menschen an, die mit einer Straßenkarte hilflos durch die Gegend gucken, und versuchen zu helfen.“ Jene Touristen würden zu Hause immer betonen, wie hilfsbereit und freundlich die Potsdamer seien. „Bessere Werbung kann es nicht geben.“

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