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Landeshauptstadt: Basteln mit Brot und Broccoli

Die Fachhochschule und die Universität Potsdam zeigen bei der siebten „Applaus“-Ausstellung die 72 besten Abschlussarbeiten ihrer Design- und Medienwissenschafts-Studenten

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Bornstedter Feld - Rauschen, Picken, Donnern – im Kopfhörer der Besucher, die fasziniert mit ihren Fingern über das gewölbte Holzstück streichen und klopfen, entsteht dank der an das Holz angeschlossenen Kontakt-Mikrofone eine regelrechte Perkussions-Symphonie. Die Klanginstallation der 23-jährigen Annika Haas, Studentin für Europäische Medienwissenschaft an der Universität Potsdam, ist nur eine von 72 Abschlussarbeiten von Design- und Medienwissenschafts-Studenten der Fachhochschule Potsdam (FH) und der Uni, die seit Freitag in der gemeinsamen Ausstellung „Applaus“ im Foyer des FH-Hauptgebäudes an der Kiepenheuerallee gezeigt werden.

Nur die besten Arbeiten, benotet mit 1,0 bis 1,3, schafften es in die Ausstellung. Die dreitägige Veranstaltung, an die sich ein Symposium und eine Design-Konferenz anschließen, findet seit 2006 statt und ist laut Winfried Gerling, Dekan im Fachbereich Design der FH, die bislang größte „Applaus“-Ausstellung.

Die Ausstellungsstücke könnten unterschiedlicher nicht sein: Möbel stehen neben Video-Projekten, Grafiken neben Fotogalerien, an manchen Ständen ist einfach nur ein Computer angeschlossen, da die Abschlussarbeit im Entwurf einer Webseite besteht. Besonders auffällig ist das Projekt „Mit dem Essen spielt man nicht“, bei dem kunstvolle Masken aus Brotteig gestaltet wurden. Dabei gehe es nicht darum, Nahrungsmittel zu einem Design-Material zu machen, betont die 32-jährige Sarah Humeniuk, die die Arbeit zusammen mit ihrer Kommunikationsdesign-Kommilitonin Corinna Babylon eingereicht hat: „Wir kochen einfach gerne und unsere Freunde haben immer wieder gefragt: Wie schafft ihr es, so kreativ mit Essen umzugehen?“ Also erstellten beide etliche Beispiele, wie man Speisen originell gestalten kann; zusätzliche Anregungen holten sie sich von Kindern, die sie mit Essen spielen ließen. „Die Küche ist eine Werkstatt und Köche sind Gestalter“, sagt Humeniuk. Das Design solle die Nahrung ansprechender machen: „Durch die Figuren, die wir aus Möhren und Broccoli gebastelt haben, fangen Kinder plötzlich an, Lebensmittel zu essen, die sie sonst nicht essen.“

Fast schon journalistischer Natur sind Robert Beyers „Schwule Arbeit“, eine Fotoserie homosexueller Männer an ihren Arbeitsplätzen, und „Shopping Center – Ein Nicht-Ort?“ von Anna Lübben, die Jugendliche in Einkaufszentren porträtierte. Eher praktisch orientiert ist Johan Sträters „Holländer“, ein in den Fünfziger Jahren sehr beliebtes Lauffahrrad für kleine Kinder, das der Produktdesign-Student gerne wiederbeleben möchte. Viele der Arbeiten sind gleichzeitig Bewerbungen, denn die FH hat auch mehr als 2000 Unternehmen zur Ausstellung und den Veranstaltungen eingeladen.

Aus Platzgründen war „Spielverderber. Aus Ernst wird Spiel“ nur als Modell vorhanden. Es ist ein Gesellschaftsspiel, das sich an Computerspielen orientiert: „In drei Räumen müssen die Teilnehmer zum Beispiel Kombinationsrätsel lösen, bei denen sie spielerisch ihre Umgebung ökologisch verbessern“, sagt die 33-jährige Kinga Darsow, eine der Schöpferinnen des Projekts. Das Konzept besteht darin, über das Spiel die eigene Bequemlichkeit zu überwinden und – als personifizierten Spiel-Bösewicht – den inneren Schweinehund zu bekämpfen. „Wir leben halt in einer Erlebnisgesellschaft“, erklärt Darsow die Idee.

Mit der Ausstellung, die am heutigen Samstag und morgigen Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet ist, feiert der Fachbereich Design der FH gleichzeitig sein 20-jähriges Bestehen. Erik Wenk

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