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Landeshauptstadt: Bauchschmerzen und ungute Gefühle

Sozialausschuss diskutiert um Kriminalitätszahlen im Integrationsbericht

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Innenstadt – Die Zahlen sind zwar bereits seit Ende 2010 bekannt, nach Thilo Sarrazins Skandal-Buch werden sie aber offenbar besonders aufmerksam gelesen: Für eine lebhafte Diskussion sorgte das erste „Integrationsmonitoring“ am Dienstagabend im Ausschuss für Soziales und Gesundheit. Mit dem Papier will die Stadt jährlich die Entwicklung der Integration von Potsdamern mit ausländischem Pass oder Migrationshintergrund anhand von statistischen Kennzahlen dokumentieren (PNN berichteten). Die knapp 40-seitige Erstauflage enthält beispielsweise Angaben zur Wohnsituation, zum Bildungserfolg und zum Arbeitsmarkt, unter dem Stichwort „Integration und Sicherheit“ aber auch die sogenannte „Tatverdächtigenbelastungszahl“ für Diebstahldelikte. Diese Vergleichszahl soll in künftigen Auflagen des Integrationsberichts jedoch entfallen, so das Ergebnis der Diskussion am Dienstag.

Mit der „Tatverdächtigenbelastungszahl“ wird die Zahl der in Potsdam dingfest gemachten Diebe ins Verhältnis zur Potsdamer Bevölkerung gesetzt – und sie fiel im Jahr 2009 für die Nicht-Deutschen dreimal so hoch aus wie für Deutsche. In absoluten Zahlen gab es 1228 deutsche und 247 nicht deutsche Tatverdächtige.

Bedenken an der Aufnahme dieser Kennzahl in den Integrationsbericht meldete die Linken-Stadtverordnete Sigrid Müller an: Sie habe „kein gutes Gefühl“ dabei und würde eine „weniger diskriminierende“ Lösung befürworten, sagte sie. Unterstützung bekam sie nicht nur von der Migrantenbeirats-Vorsitzenden Olga Schummel (Linke), sondern auch von CDU-Ausschussmitglied Peter Schultheiß: Wer Integration und Sicherheit messen wolle, könne dies nicht anhand der ausländischen Tatverdächtigen tun, entscheidend sei vielmehr die Zahl der ausländischen Geschädigten, betonte er. Schummel forderte einen sensiblen Umgang mit den statistischen Zahlen, „damit nicht der Eindruck entsteht, dass Ausländer kriminell sind“.

Für die Beibehaltung der Kennzahl spreche die Vergleichbarkeit zu anderen Kommunen, sagte die Gleichstellungsbeauftragte Martina Trauth-Koschnick, unter deren Ägide der Bericht entstanden ist. Er beruhe auf einem bundesweit angewandten System, das die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) entwickelt habe. Allerdings habe sie selbst „Bauchschmerzen“ mit dem beanstandeten Punkt gehabt. „Wir können das in Zukunft auch weglassen“, schloss sie die Diskussion.

Ebenfalls heftig diskutiert wurde ein Antrag der Linken zu Anliegen von Potsdamer Flüchtlingen. Demnach soll die Stadtverwaltung prüfen, wie Wünsche der Flüchtlinge, darunter zum Beispiel die Finanzierung von Sprachkursen, der „freundliche und kompetente“ Umgang in der Stadtverwaltung und das Engagement zum Abbau der Residenzpflicht, umgesetzt werden können. Schultheiß kritisierte den Antrag als „schwammig“, er schlug stattdessen einen Bericht der Sozialbeigeordneten zu den einzelnen Fragen vor. Zur Residenzpflicht könne die Stadt „gar nichts“ sagen, da es sich um Bundesrecht handelt, bemerkte er außerdem. Die Ausländerbeauftragte Magdolna Grasnick schlug ein weiteres Gespräch vor, um zu konkretisieren, was mit „freundlichem und kompetentem Umgang“ gemeint sei. Der Ausschuss stimmte dem Antrag dennoch mit zwei Enthaltungen zu.Jana Haase

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