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Landeshauptstadt: Baum gegen Baudenkmal

Denkmalpflege will Palazzo-Charakter in der Charlottenstraße erhalten / Antrag zu Nachpflanzungen

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Denkmalpflege will Palazzo-Charakter in der Charlottenstraße erhalten / Antrag zu Nachpflanzungen Von Günter Schenke Innenstadt. Baum oder Baudenkmal – so könnte der Streit zwischen dem Denkmalschutz und dem Stadtverordneten Ralf Jäkel (PDS) auf den Punkt gebracht werden. Es geht um den Abschnitt der Charlottenstraße zwischen Schopenhauer- und Dortustraße. Von den einst zwanzig Robinien, sind lediglich noch sechs vorhanden und Jäkel möchte, dass die zugrunde gegangenen Bäume nachgepflanzt werden. Stadtkonservator Andreas Kalesse erläuterte in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Bauen Dienstagabend den besonderen Charakter dieses Straßenabschnittes, der die Trennlinie zwischen erster und zweiter Stadterweiterung darstellt. Es sei „die wichtigste Barockstraße überhaupt“, so der Experte. Aus diesem Grunde habe schon die DDR das Ensemble 1979 unter Schutz gestellt. Damals waren die Robinien aber noch weitgehend erhalten. Wenn alle Bäume in der Stadt schon grün waren, trieben die späten Robinien aus und verbreiteten mit ihren Schmetterlingstraubenblüten einen betörenden Duft. Kalesse zeigt anhand historischer Fotos, dass es sich ursprünglich um eine baumlose Straßenfront mit palastartigen Fassaden handelte. Letztere kommen nun einmal nur zur Geltung, wenn sie nicht durch Bäume verdeckt werden. Erst in den zwanziger Jahren gab es einen Bruch – damals sind erstmals Robinien gepflanzt worden. Eine Entscheidung konnte der Ausschuss noch nicht fällen. Vorsitzender Christian Seidel (SPD) erinnerte daran, dass die Nachpflanzungen bereits 2001 auf der Tagesordnung standen und dass es die Option gab, dreißig Bäume im betreffenden Straßenabschnitt vorzusehen. Die alten Überlegungen werden also noch einmal auf den Tisch kommen, ehe über den Jäkel-Antrag abschließend entschieden wird. Ganz baumlos ist der barocke Teil der Charlottenstraße gegenwärtig nicht: 25 Bäume, darunter alte Robinien und neu gepflanzte Ahorne und Linden, sind vorhanden Noch nicht sämtliche historische Fassaden sind bereits renoviert. Aber wo das geschehen ist, entsteht in der Tat ein imponierender Eindruck, den der Betrachter nicht hinter einer Laubwand versteckt wissen will. Auf der Nordseite der Straße kommt durch Bäume zudem noch eine erhebliche Verschattung hinzu. Schon immer machte diese Straßenseite daher einen düsteren Eindruck. Jäkel hat offenbar die Bedeutung des Denkmalensembles erfasst, denn im Antrag heißt es: „Bei der Feinpositionierung der Bäume sind gleichermaßen die Belange der Stadtgestaltung, der Grünordnung und des Denkmalschutzes in angemessener Weise zu berücksichtigen.“ In der Begründung geht er noch einen Schritt weiter zurück und meint, das nicht jede bisherige Pflanzstelle metergenau rekonstruiert werden müsse. So könnte es am Ende darauf hinauslaufen: Etwas mehr Grün mit Rücksicht auf die „Paläste“.

Günter Schenke

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