Landeshauptstadt: Baumgart-Villa zu teuer?
Bislang keine Interessenten für Prachtbau der Gewoba – er soll 2,6 Millionen Euro kosten
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Nauener Vorstadt – Die Villa Baumgart in der Friedrich-Ebert-Straße 67 steht weiter auf der Verkaufsliste der städtischen Wohngesellschaft (Gewoba). „Wir haben keinen neuen Interessenten“, teilte deren Sprecherin Claudia Dinse gestern auf PNN-Anfrage mit.
Seit mehreren Jahren steht das imposante Anwesen, in der DDR Sitz des Deutschen Roten Kreuzes und zur Nazizeit Hochburg der Hitlerjugend (HJ), zum Verkauf. Unter Federführung des Berliner Architekten Ingo Schürmann ließ die Gewoba im Februar 2004 eine attraktive Dokumentation für potenzielle Käufer erarbeiten. Außer einem Hotelier, der das Haus umfangreich um- und ausbauen wollte, fand sich jedoch kein Interessent. Laut Schürmann sei ein größerer Umbau mit erheblicher Erhöhung der Nutzfläche nicht möglich, denn das Gebäude sei ein eingetragenes Denkmal.
Im vergangenen Jahr investierte die Gewoba eine halbe Million Euro, um Dach und Fassade instand setzen zu lassen. Das war nicht nur notwendig, um den Marktwert des Denkmals zu steigern, sondern vor allem, um das Haus vor dem völligen Verfall zu retten. „Durch das undichte Dach und die von unten aufsteigende Nässe bestanden an den Holzteilen erhebliche Schäden, selbst der Stuck an den Decken begann zu bröseln.“ Die auf der Gartenseite vorhandene große Terrasse musste sogar völlig abgerissen werden, weil die tragenden Eisenteile durchgerostet waren.
Für 2,6 Millionen Euro will die Gewoba laut Exposé die Villa an den Mann bringen – zu viel meinen Experten. Zum Schatz des Anwesens gehören nicht nur die reiche Jugendstil-Ausstattung im Innern und die einzigartige Fassade, sondern vor allem der große Garten. 6107 Quadratmeter groß ist das gesamte Grundstück, zirka 902 Quadratmeter die Wohn-Nutzfläche. Das voll unterkellerte Gebäude mit seiner veralteten Haustechnik und der wertvollen Ausstattung wie Jugendstil-Fliesen, Bleiverglasungen, Wandvertäfelungen, Kandelabern, Leuchten und Marmorfassungen würde einen erheblichen Restaurierungsaufwand erfordern. Der Erwerber müsste nach Architekten-Meinung mindestens noch einmal eine Million Euro investieren, um das Haus instand zu setzen und nutzbar zu machen. Als künftige Nutzungen kommen der Ausbau für Eigentumswohnungen und noble Senioren-Apartments ebenso in Frage wie die der Umbau zur exquisiten Außenstelle eines Hotels und die Schaffung eines Firmen- oder Vereinssitzes. Laut Exposé sei in dem großen Garten sogar eine Zusatzbebauung möglich.
Die Baugeschichte des Anwesens geht bis in das 18. Jahrhundert zurück. Das heute vorhandene Gebäude errichtete Hofmaurermeister Cal Partik im Auftrag der Unternehmerin Marie Baumgart. „Frau Baumgart ist am Ende an der Finanzierung und Erhaltung der Villa gescheitert“, sagt Ingo Schürmann, der über die Baugeschichte recherchiert hat. So geriet das Grundstück 1932 unter den Hammer. Die Stadt Potsdam erwarb das nahe dem Rathaus gelegene Gebäude. Bis 1945 war es Sitz der HJ-Gauführung. Günter Schenke
Günter Schenke
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