
© Andreas Klaer
Von Kay Grimmer: Baustopp an Humboldtbrücke droht
Erster Bauabschnitt im Oktober abgeschlossen/ Bauleitung: Bauwerk kritisch im Zustand, Betonkrebs zerfrisst die Brücke
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Die Sanierung der Humboldtbrücke gerät ins Stocken. Nachdem in wenigen Wochen die Bauarbeiten an der stadtauswärtigen Seite des Havelübergangs abgeschlossen werden, ist nach PNN-Informationen die Sanierung des zweiten Brückenteils unklar. „Wir wissen nicht, wann es weitergeht“, sagte Bauoberleiter Jörg Titel am Wochenende gegenüber den PNN. „Spätestens im Oktober sind alle Bauarbeiten auf der einen Hälfte abgeschlossen“, so Jörg Titel, der „am liebsten gleich weiterbauen möchte.“ Aber ohne Auftrag nicht weiterbauen darf. Schuld an der Verzögerung dürften die noch nicht bereitgestellten Gelder sein, bewilligt sind die finanziellen Ausgaben. Bereits im Mai diesen Jahres erklärte die damalige Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz (SPD) kryptisch: „Wir bemühen uns, gemeinsam mit dem Land fristgerecht die Mittel bereitzustellen.“ Bauoberleiter Jörg Titel warnte am Samstag noch einmal: „Je länger mit der weiteren Sanierung gewartet wird, desto teurer wird es.“
Dabei kostet die Sanierung schon jetzt mehr. Anfangs hieß es, soll die Sanierung der Humboldtbrücke 35 Millionen Euro kosten. Im Laufe der Vorbereitungen wurde dann die Summe von 47,5 Millionen Euro genannt. Die Stadtverwaltung erklärte damals, die 35 Millionen Euro beruhten lediglich auf „Kostenvoreinschätzung zu den Hauptbauleistungen". Darin gefehlt hätten weitere Bauarbeiten im Umfeld, die in den 47,5 Millionen Euro Gesamtkosten enthalten sein. Allerdings verlangten daraufhin auch die Stadtverordneten genauere Aufklärung, die sie heute in der Fortsetzung der Stadtverordnetenversammlung vom Mittwoch erhalten sollen.
Bauingenieur Jörg Titel warnte vor einer weiteren Verzögerung der Sanierung. Denn: „auch der zweite Teil der Brücke hat eine Sanierung dringend nötig“. Der Grund: „Gravierende Betonschäden“ belasten die Stabilität der Brücke. Der sogenannte Betonkrebs, eine Alkali-Kieselsäure-Reaktion, zerfresse die Brücke. Dazu kämen schwere Chloridbelastungen durch Tausalze, die die Fahrdecken und Fahrbahnübergänge zerfräßen. „Enorme Löcher“ gebe es mittlerweile an den Brücken-Anschlüssen. Das führt zu einer dramatischen Sicherheitsbewertung. Die Summe aller Schäden sowie Standfestigkeits- und Bauparameter werden in regelmäßigen Bewertungen von Brückenbauwerken zusammengefasst. „Der noch nicht sanierte Teil der Humboldtbrücke hat mittlerweile bestimmt eine Note, die über 3,0 liegt“, so der Oberbauleiter. Bereits ab einer Bewertung von 3,0 gilt ein Brückenbauwerk laut DIN 1076 als „kritisch in seinem Zustand“, bei dem auch die Verkehrssicherheit beeinträchtigt ist. Ab 3,5 ist der Zustand so dramatisch, dass Bauwerkszustand, Standsicherheit und Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt sind und eine umgehende Sanierung dringend erforderlich ist.
Zusätzliche Schwierigkeiten bei der weiteren Sanierung bestehen beim Verkehrsfluß. Derzeit werde geprüft, wie man trotz der Sperrung der zweiten Hälfte zwei Fahrspuren in jede Richtung offenhalten könne. Normalerweise sei nur Platz für höchstens drei Fahrspuren. Zwei Möglichkeiten gibt es laut Bauexperten Titel : „Entweder die Bauarbeiten werden geteilt, so dass die Sanierung der zweiten Brückenseite noch einmal gestückelt wird. Oder die mittlere Fahrspur wird je nach Bedarf mal stadtauswärts, mal stadteinwärts genutzt.“ Letzteres benötige erhöhte Sicherheitsanforderungen im Straßenverkehr. Eine weitere Stückelung der Bauarbeiten erhöhe die Gesamtzeit der Sanierung.
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