Landeshauptstadt: Bayrische Quasten für englische Queen
Nur wenige Besucher: Bayrisches Trachtenfest im Krongut Bornstedt litt unter Fußball-WM
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Bornstedt - Die Welt zu Gast bei Freunden – selbst für Bayern in Preußen gilt dieses Motto. Die Klänge der Kapellen – selbstverständlich Blasmusik - ließen kundige Ohren nicht lange zweifeln, welche Gäste sich im Krongut Bornstedt am Wochenende eingefunden hatten: Bajuwaren in Potsdam – das sei so ungewöhnlich nicht, beschied Veranstalter Francesco Mazuhn und meinte damit nicht nur sein Bayrisches Trachtenfest im Krongut Bornstedt. „Zwischen dem weißblauen Freistaat und Preußen gab es schon früher enge Verbindungen“, erklärte er und ergänzte zugleich, die kleinen und größeren Sticheleien zwischen den „Saupreiß“n“ und den Bayern seien nie wirklich ernst gewesen.
Dem muss zugestimmt werden, denn es blieb auch bei diesjährigen Wiederauflage des Bayrischen Trachtenfests im Krongut Bornstedt am vergangenen Wochenende sehr friedlich zwischen den Berlin-Brandenburgischen Besuchern und den rund 130 Akteuren, die allesamt waschechte Freistaatler waren. Aber es blieb auch bedeutend leerer als im vergangenen Jahr als zur Premiere 8000 Besucher gezählt wurden. Dass es diesmal nur 2500 Gäste waren, die sich über das Brauchtum südlich des Weißwurst-Äquators informieren wollten, lag in erster Linie wohl an der Fußball-Weltmeisterschaft. „Aber da sind wir nicht allein“, verwies er auf menschenleere Innenstädte. Selbst eine eigens für das Deutschlandspiel am vergangenen Sonnabend installierte Leinwand zog nur wenige Besucher an.
So offerierten die neun bajuwarischen Handwerksbetriebe ihre Angebote vor einem spärlichen Publikum. Dabei durfte sogar Königliches bewundert werden am Stand der Münchener Posamenten-Manufaktur. Troddeln und Quasten für Queen Elizabeth bearbeitete Tobias Gattermann. „Die sind für eine Kutschbockdecke des englischen Königshauses“, erklärte der Münchener Handwerker, während er unablässig den goldgefärbten Seidenfaden um ein kleines Holzstück knüpfte. Originalgetreu und nach historischem Vorbild fertigt Gattermann die Auftragsarbeiten an. Auch das holländische Königshaus nahm bereits seine Dienste in Anspruch. Diese exklusive Handarbeit – immerhin ist es nach Gattermanns Aussagen ein sehr seltenes Handwerk, kostet: „300 Euro müssen gezahlt werden, pro Quaste“, erklärte der Münchener. Für die Nicht-Blaublüter gab es am Wochenende etwas preisgünstigere Schrankquasten und Treppen- und Absperrseile.
Den meisten Zuspruch hatten die Tanz- und Musikeinlagen der angereisten Trachtenvereine. Zünftig ging es beim „Goaslschnalzen“ zu, einst als Verständigung zwischen Fuhrwerkern eingeführt, werden die Knallgeräusche der geschwungenen Reitpeitschen in der freistaatlichen Neuzeit als Rhythmus-Element in der Musik eingesetzt. Kay Grimmer
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