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Landeshauptstadt: Bedrohte Arten in Mosaik

Hauszeichen in Waldstadt II fast komplett verloren

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Waldstadt II - Vier Eulen wachten noch im vergangenen Sommer an den Eingängen des Wohnblocks Zum Jagenstein 11 bis 17. Neben jeder Haustür äugte eines der Waldtiere von einem Mosaikbildnis herab. Nun sind die Kunstobjekte nicht mehr da – eine Folge der kürzlich beendeten Modernisierung des Gebäudes. Man hat die Eingangsdächer abgebaut, an deren Stützen die liebevoll gestalteten Bilder sich seit Bau des Wohnhauses Anfang der 80er Jahre befanden. Mit den Dächern verschwanden auch die Mosaike.

Ähnlich erging es vielen der kleinen Kunstwerke, die seit Entstehen der Waldstadt II die Eingänge aller Wohnblocks schmückten. Sie waren das Ergebnis einer durchgängigen Gestaltungsidee. Jeder Wohnblock erhielt sein eigenes Symbol, das sich je Eingang nur farblich unterschied. Aber keine abstrakten Formen, sondern von der nahen Natur inspirierte Motive grüßten die Bewohner beim Betreten ihres Hauses. Jedes Kind fand so die richtige Tür.

1980 bestätigte der Rat der Stadt die eigens erarbeitete Konzeption, erdacht von einer Arbeitsgruppe beim Betrieb Umweltgestaltung und bildende Kunst Potsdam. Der Plan gliederte das neue Wohngebiet orientierungsfördernd in drei thematische Bereiche. Das südliche Gebiet widmete man Waldpflanzen mit den Motiven Bäume, Blätter und Früchte. Für die beiden anderen Areale wählte man Waldtiere als Leitgedanken. So wurden laufende und kriechende Tiere im zentralen Karree abgebildet, im Nordteil der Waldstadt II dagegen fliegende Waldbewohner.

Für die Gestaltung dieser Hauszeichen wählte man drei Grundlösungen. Über einigen Haustüren wurde ein Fassadenelement mit Mosaiksteinen eingefügt. Letzte Exemplare dieser floralen Ornamente nach Entwürfen von Dieter Gleffe kann man an den Häusern Zum Teufelssee 15 bis 25 noch an ursprünglichen Fassaden sehen. Alle anderen Mosaikornamente wurden in diesem Bereich bereits durch die nachträglich aufgebrachte Außenwanddämmung der Plattenbauten verdeckt.

Bei der zweiten Hauszeichen-Variante erhielt der verglaste Türflügel eine Querblende mit zweifarbigem Aluminiumgussrelief. Es war in Kinderaugenhöhe zu bestaunen und auch mit den Händen zu erkunden. Die Entwürfe lieferten die Künstler Helmut Bierwagen, Wolfgang Butze, Erich Wrede sowie Heinz und Inge Fürstenberg. Inzwischen sind alle Haustüren in der Waldstadt II aus robusterem Material ersetzt worden. Dabei ist keine der Querblenden erhalten geblieben. Von den vielen Schmuckreliefs der Türblenden sind lediglich zwei Motive noch heute zu bewundern. Es sind die Porträts „Fuchs“ (Kiefernring 1 und 3) und „Hase“ (Kiefernring 9). In sensibler Weise hat man für die Letzten „ihrer Art“ einen neuen Ort gefunden. Neben den Haustüren an den modernisierten Fassaden angebracht, sagen Fuchs und Hase hoffentlich noch lange nicht „Gute Nacht“.

Die dritte Hauszeichen-Version ist ein Bild am linken Stützpfeiler des Vordachs. Gefertigt als kleines Mosaikfeld oder farbiges Aluminiumsignet, erdacht von Kurt Zieger, Inge und Heinz Fürstenberg sowie Erich Wrede. Bedauerlich, dass nur noch 136 der 452 Hauseingänge der Wohnblocks in der Waldstadt II ein Hauszeichen schmückt. Kein einziges mehr lässt sich in den Straßenzügen Zum Kahleberg, Liefelds Grund, Moosglöckchenweg und Caputher Heuweg entdecken. Zu befürchten ist, dass weitere dieser Kunstwerke durch Vandalismus, Renovierungen oder simple Gleichgültigkeit verloren gehen.

Ein Grund für die Verluste baugebundener Kunst in der Waldstadt II ist auch das Fehlen einer regulierenden Satzung. „Für dieses Wohngebiet gibt es keine entsprechende rechtliche Handhabe“, bestätigt Karin Juhasz, bei der Stadtverwaltung im Bereich Stadterneuerung für die Neubaugebiete zuständig. „Dennoch nutze ich jede Chance, Kunst zu bewahren. Legen mir Planer ihre Projekte vor, sensibilisiere ich deren Einfühlungsvermögen und appelliere an den guten Willen der Auftraggeber, Kunstwerke zu erhalten.“ Aber auch das sei ihr erst seit 2002 möglich, als man die Waldstadt II in ein Bund-Länder-Förderprogramm zur Wohnumfeldverbesserung aufnahm. „Doch da war es für viele Hauszeichen schon zu spät.“ So haben sich auch die Mosaik-Eulen vom Haus Zum Jagenstein 11 bis 17 nicht nur eben einmal „verflogen“. Es wird nach Ende der Renovierung keine Heimkehr für sie geben. Das erläuterte auf Nachfrage Christine Rosenkranz, bautechnische Mitarbeiterin bei der Gebäudeeigentümerin, der Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“. Als zu kompliziert sei das Bergen der Mosaike erachtet worden. „Aber beim nächsten Modernisierungsprojekt im Ginsterweg wollen wir den Erhalt der dortigen Mosaike erreichen.“ Reinhard Gassong

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