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Verhaltener Protest. Die Spitzelaktionen der NSA regen nur wenige auf.

© dpa

Homepage: Beginn einer neuen Netzepoche Hacker Frank Rieger zu Gast an der Universität

Als im Juni dieses Jahres die Enthüllungen Edward Snowdens bekannt wurden, waren selbst Internetexperten schockiert. „Mit einem solchen Ausmaß haben wir vom Chaos Computer Club nicht gerechnet, auch wenn wir misstrauischer waren als die Politik“, sagt Frank Rieger, Sprecher der Hackervereinigung.

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Als im Juni dieses Jahres die Enthüllungen Edward Snowdens bekannt wurden, waren selbst Internetexperten schockiert. „Mit einem solchen Ausmaß haben wir vom Chaos Computer Club nicht gerechnet, auch wenn wir misstrauischer waren als die Politik“, sagt Frank Rieger, Sprecher der Hackervereinigung. Rieger war am Dienstag auf Einladung von Professor Klaus Rebensburg an die Universität Potsdam gekommen. Im Rahmen der Ringvorlesung „Medienproduktion im Wandel“ sprach er vor den Studierenden über das Thema Informationssicherheit. Den Informatikprofessor Rebensburg und den Hacker eint heute vor allem der Ärger über die Untätigkeit der Politik. Im Bereich IT-Sicherheit habe sich trotz guter Voraussetzungen bis heute nicht viel getan, meint Rebensburg. Optimierte Techniken, die durchaus existierten, seien teilweise einfach nicht angewandt worden, so die Veranstalter.

Kapitulieren wird die IT-Welt deshalb nicht, in der NSA-Affäre sieht Rieger nur den Beginn einer neuen Internetepoche. Benannt hat er sie als „Post-Snowden“ Zeitalter. Gesellschaft und Politik müssten aktiv werden, um sich gegen virtuelle Lauschangriffe wie die der NSA zu verteidigen. Im ersten Schritt bedeute dies, beim Schutz des eigenen Computers anzufangen. Hier rät Rieger schlicht zu langen Passwörtern und einfachen Verschlüsselungstechniken. Außerdem sollten Cloud-Dienste gemieden werden. „Bei Anwendungen dieser Art weiß der Nutzer nie, wo seine Daten gespeichert werden und wer Zugriff darauf hat“, warnt Rieger.

Weitaus mehr Möglichkeiten schreibt er der Politik zu. Für deren Umgang mit der Spähaffäre hat Rieger wenig Verständnis. Dass die Bundesregierung die Debatte um jeden Preis beenden wolle, ist für ihn offensichtlich. Den Grund hierfür vermutet er unter anderem darin, dass nicht an die Öffentlichkeit geraten solle, wie wenig Kontrolle Deutschland über seine eigenen Geheimdienste, geschweige denn das Netz habe. Von den neuen Vorhaben der zukünftigen Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag festgehalten sind, verspricht sich Rieger wenig. „Dort steht zwar, dass die Privatsphäre ausgebaut werden solle – offenbar jedoch nicht gegenüber dem Staat.“ In der Vorratsdatenspeicherung zum Beispiel sieht Rieger nichts anderes als NSA-Methodik.

Ein Thema, das die an den Vortrag angeschlossene Diskussion merklich beherrschte, war die verhaltene Reaktion der Deutschen auf den Datenskandal. Vielen Studierenden im Hörsaal war gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte schwer begreiflich, weshalb so wenig Empörung aufkommt. Rieger erklärte die Situation mit dem Fehlen persönlicher Betroffenheit, das weit verbreitet sei. Außerdem seien viele Menschen der Meinung, dass die Überwachung durch mehr Sicherheit gerechtfertigt werde. Rieger sieht sie als Opfer einer vermeintlichen „Anti-Terror-Legende“. Das Argument jedoch, das Rieger am meisten ärgert ist auch eines der weit verbreitetsten: Sicher könne sich fühlen, wer nichts zu verbergen hätte. „In Europa sind doch nicht umsonst jahrhundertelang Menschen im Kampf für ihre Rechte gestorben“, rief er aufgebracht in den Saal. Das Recht auf Privatsphäre müsse dringend verteidigt werden. Der rege Austausch mit den Studenten ist einer der wichtigsten Gründe, weshalb Rieger Einladungen wie die der Uni Potsdam annimmt. „Natürlich interessiert mich, welche Gedanken sich junge Menschen machen und was sie für neue Ansätze haben – schließlich habe ich die Weisheit ja auch nicht mit Löffeln gefressen.“ Clara Neubert

Clara Neubert

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