Landeshauptstadt: Bei Jackie Chan am Wohnwagen
Die Firma „Fernseh-Gäbler“ in der Großbeerenstraße feiert heute ihr 35-jähriges Bestehen
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Alfred Struwe war der Erste. Heute vor 35 Jahren, am 2. Mai 1978, stand der bekannte Defa-Schauspieler in der Babelsberger Reparaturwerkstatt von Wilfried Gäbler. Doch Struwe hatte sich in der Tür geirrt. Eigentlich wollte er im Laden nebenan Tabak kaufen. Die an jenem Tag frisch eröffnete Werkstatt, in der Gäbler gemeinsam mit seiner Frau Christa von nun an Radios und Fernseher reparieren sollte, hatte Struwe offenbar für einen kurzen Moment irritiert.
Wilfried Gäbler erzählt diese Geschichte gern. Ja, der Defa- Star sei wirklich der Erste gewesen, der quasi als Kunde die gerade eröffnete Reparaturwerkstatt in der Ernst-Thälmann-Straße 203 aufsuchte. Mit Tabak konnte Gäbler an jenem 2. Mai 1978 freilich nicht dienen. Doch später sei Struwe tatsächlich Kunde geworden und brachte Geräte zum Reparieren vorbei, erinnert sich Gäbler.
Für den Seniorchef von „Fernseh-Gäbler“ und seinen Sohn Dirk ist das 35-jährige Bestehen der Firma Anlass genug, um am heutigen Donnerstag dieses Jubiläum zu begehen. Seit 2009 hält der Juniorchef die Geschicke der Firma in der Hand. Schon lange wird bei Gäblers nicht mehr nur repariert. Wer den Laden in der Großbeerenstraße 185 betritt, kann reihenweise zum Verkauf stehende Flachbildfernseher sehen, auch Hifi-Anlagen und Satellitentechnik kann man erwerben. Auf Wunsch installiere man die Geräte auch zu Hause bei den Kunden, wirbt das Unternehmen. Einmal, so berichtet Gäbler, habe seine Firma sogar bei Kungfu- Star Jackie Chan am Wohnwagen eine Satellitenantenne montiert, als der in Babelsberg „In 80 Tagen um die Welt“ drehte.
Doch die Werkstatt, in der die alten und neuen Schätzchen der Kunden repariert werden, ist nach wie vor fester Bestandteil der Firma. Der Juniorchef zeigt den Raum, in dem noch echte Handarbeit gefragt ist. Eine Armada von Fernsehern ist hier gerade aufgebaut. Daneben steht ein altes Tonbandgerät. Viele Leute würden denken, in moderner Technik gebe es nur noch Steckverbindungen, sagt Gäbler. Diese Vorstellung sei falsch. Oft müsse auch heute noch etwas gelötet werden. Das erledige man in der Werkstatt. Er selbst, so der Juniorchef, habe bei seinem Vater schon sehr früh das Löten gelernt. „Technik war was ganz Besonderes“, erinnert sich Gäbler an seine Kindheit, wenn er nach der Schule in der Werkstatt seiner Eltern vorbeischaute. Schon früh sei ihm klar gewesen, dass er einmal Radio- und Fernsehtechniker werden wolle. Vor 15 Jahren habe er dann noch den Meister draufgesattelt. Seitdem darf er sich Meister der Informationstechnik nennen.
Für Vater Wilfried, der heute als Angestellter noch in der Firma mitarbeitet, wäre es in den 1970-er Jahren hingegen bald zum Verhängnis geworden, dass er selbst keinen Meisterbrief vorweisen konnte. Als er der Handwerkskammer sagte, er wolle eine Reparaturfirma für Radios und Fernseher gründen, ließ man ihn, den studierten Diplomingenieur für Elektrotechnik, zunächst abblitzen. Ein Bekannter habe ihm damals geraten: „Geh zur örtlichen Versorgungswirtschaft im Rat des Bezirkes.“ Dort habe er dann tatsächlich Erfolg gehabt. „Zu der damaligen Zeit war es ja einfach nicht üblich, sich selbständig zu machen“, sagt Gäbler, der vor seiner Firmengründung im Teltower Halbleiterwerk arbeitete. Doch ihn und seine Frau, die bis vor ein paar Jahren ebenfalls in der Firma mitarbeitete, habe damals die Herausforderung der Selbständigkeit gereizt. Eine Verlockung dieses Abenteuers sei zudem die familienfreundliche Arbeitszeit gewesen.
Als schwierig erwies sich in den Jahren der DDR die Ersatzteilbeschaffung. „Man musste hinterher sein, um die Ersatzteile für diese Geräte auch zu bekommen“, sagt der 68-Jährige. In der ersten Zeit fuhren er und seine Frau mit einem alten Trabant Kombi nach Berlin zu einem Handelsbetrieb, um dort die Ersatzteile einzukaufen. Später gab es die Teile auch in Potsdam. Die 90-er Jahren brachten dann eine tiefgreifende Veränderung für die Firma mit sich. Das angestammte Haus gegenüber dem Babelsberger Filmgelände wurde abgerissen. Gäblers zogen mit dem Geschäft vorübergehend in einen Container, der schließlich auch noch einer Brandstiftung zum Opfer fiel. „Das war eine ganz große Katastrophe“, erinnert sich Dirk Gäbler. Aber gemeinsam habe man auch diese Hürde genommen und 1998 schließlich die heutigen Firmenräume bezogen. Gegenüber befindet sich der Filmpark – und ganz in der Nähe das alte Domizil.
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