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Landeshauptstadt: „Bei manchem ergibt eins und eins null oder drei“

Um Oberschulen zu erhalten, schafft das Bildungsministerium Sonderregelungen, von denen auch Teltow und Beelitz profitieren

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Finnische Verhältnisse an den Oberschulen des Landes: Zwölf Schüler sitzen künftig in einigen Klassen zwischen den Bänken und lernen etwas über Algebra oder Photosynthese. Während sich anderenorts 30 Schüler pro Klasse in die Räume von Gymnasien und Gesamtschulen drängeln, gibt es ab September an einigen der 140 Oberschulen im Land eine optimale Schülerbetreuung. „Damit verfügen wir dank der Ausnahmeregelungen auch im kommenden Schuljahr über ein stabiles Netz von weiterführenden Schulen“, sagte Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) gestern. 26 Oberschulen seien durch die neue Sonderregelungen vor dem Aus gerettet worden – auch in Beelitz und Teltow.

Seit Jahren wird im Land Brandenburg das Schulnetz ausgedünnt, weil nach der Wende 1989 weniger Kinder geboren worden sind und Familien aus Randregionen wegziehen. Für die heikle Situation und den permanenten Überlebenskampf mancher Oberschulen gibt es laut Werner Lindner aber nicht nur diese objektiven Gründe. Dagegen könne er als Vorsitzender des Verbandes Brandenburger Oberschullehrer nichts unternehmen, bei den subjektiven Gründen wolle er der Landesregierung, den Schulämtern und den Schulen bei den Spiegel vorhalten.

„Ich bin Rechenlehrer und kann eins und eins zusammenzählen“, sagt Lindner, „aber bei Manchem ergibt das null oder drei.“ Und genau das könne er nicht akzeptieren. Beispielsweise den peinlichen Fehler des Bildungsministeriums zu Beginn des Jahres: In einem Ratgeber für Eltern von Schülern der 6. Klasse ist ausgerechnet bei den Oberschulen ein Kreuz, das den möglichen Schulabschluss in einer Tabelle markiert, vergessen worden. Danach haben sich die Lehrer bei den Elternversammlungen hinsetzen und die Eltern ein Kreuzchen an die richtige Stelle zeichnen lassen müssen.

Dabei sieht Lindner, selbst Schulleiter an einer Oberschule, viele Vorteile an der seit 2005 existierenden Schulform. Eine stärkere Berufsorientierung beispielsweise, nach der die Schüler bis zur zehnten Klasse wüssten, welche Voraussetzungen sie für ihren Traumberuf erfüllen müssten. Und ob sie dann ein Abitur und Studium oder gleich eine Ausbildung brauchen. Auch sieht er den vermeintlich geradlinigeren Weg zum Abi auf einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe nicht als Vorteil: „Nach dem Abschluss an der Oberschule kann sich der Schüler die Gymnasialstufe und Schule für sein Abitur aussuchen“, so Linder, der trotz der gestern vorgestellten Lockerung der Schülerzahlen um den Erhalt der von ihm geleiteten Kollwitz-Oberschule Potsdam bangen muss. Denn in der Landeshauptstadt gilt die gestern vorgestellte Regelung von Klassen mit zwölf oder 15 Schülern nicht. Da hier andere Einrichtung in erreichbarer Nähe sind und auch die Kollwitz- Schule keine Zentrumsfunktion wie Schulen in kleineren Städten hat, braucht sie 40 Schüler für die Einrichtung der nächsten siebten Klassen.

Linder sieht die Schullandschaft in Potsdam ohnehin als schwierig an, gleiche Probleme haben Cottbus und Falkensee. Während in Brandenburg Havel vor drei Jahren alle Gesamtschulen zu Oberschulen umfirmiert und ein Zwei-Wege-Bildungssystem geschaffen worden ist, sind nach Einführung der Oberschulen in Potsdam die fünf Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe erstarkt. Sie werden von den Schülern überrannt. Die Oberschulen warten hingegen auf Schüler, die das Schulamt auf ihre Stühle setzt. jab

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