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Wie für Handwerker gemacht. Robert Wilberg und seine Lebensgefährtin Maryana Remus vor ihrer Monteurs-Pension in Babelsberg. Sie wissen, was ihre Gäste glücklich macht. Vor allem kühles Bier ist immer da.

©  Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Bei Willi wohnen

Robert Wilbergs Zimmervermietung Babelsberg ist „Bestes Monteur-Zimmer“ in Berlin-Brandenburg

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Der Bauarbeiter auf Montage, in der Regel ein Kerl wie ein Baum, braucht ein Bett mit einer ordentlichen Matratze, einen Fernseher und W-Lan, einen Grill fürs Abendbrot, eine Miniküche für das Frühstück. Und immer genug gekühltes Bier. „Dann ist der Bauarbeiter zufrieden“, sagt Robert Wilberg mit einem Grinsen, das sagen will: Er hat die Spezies verstanden. Seit 2009 führt Wilberg die „Zimmervermietung Babelsberg“, eine Pension in der Großbeerenstraße mit 25 Zimmern für bis zu 50 Gäste, in der Mehrheit Bauarbeiter auf Montage. Seine Monteur-Zimmer wurden jetzt sogar ausgezeichnet. Die Internetplattform Mein-Monteurzimmer.de wählte die Babelsberger Pension kürzlich zum Landessieger Berlin-Brandenburg.

„Damit hab ich nicht gerechnet“, sagt der 44-Jährige. Gefreut hat er sich aber doch. Immerhin sind auf der Webseite etwa 320 Pensionen vertreten, da ist es schon etwas Besonderes, unter die Landessieger zu kommen. Ausschlaggebend war die positive Bewertung seiner Gäste. Die schätzen vor allem die Parkplätze am Haus, dass es günstig, sauber und ordentlich ist; es gibt ein paar Waschmaschinen im Haus und jedes Zimmer hat eine kleine Küche. „Da muss man nicht außer Haus frühstücken gehen, das spart Geld.“ Unter der Woche vermietet er fast ausschließlich an Monteure, die mehrheitlich aus dem Ausland kommen, Klempner, Estrich- und Betonbauer, Fliesenleger und Gerüstbauer aus ehemaligen Ostblockländern. Dazu kommen Arbeiter aus der Region Chemnitz, Leipzig, Dresden. Sie arbeiten auf den Potsdamer Baustellen, in der Schwimmhalle, der Potsdamer Mitte, im Wohnungsbau im Norden oder Babelsberg. Drei bis vier Wochen bleiben sie im Schnitt, manche sieht Wilberg später wieder, wenn der nächste Job in Potsdam ansteht und sie wieder bei „Willi“ einziehen. Auf den Baustellen wird er gern weiter empfohlen. „Schick die mal zu Willi“ heißt es dann von Bauleiter zu Bauleiter.

Wilberg weiß aus eigener Erfahrung, wie Bauarbeiter ticken. Er ist gelernter Tischler, führte auf dem Gelände an der Großbeerenstraße, 3000 Quadratmeter von der Pro Potsdam gepachtet, zunächst seine eigene Tischlerei. 2009 eröffnete er die Pension. Schritt für Schritt – „So wie das Geld eben reinkommt“ – baute Wilberg im Haus und in der Remise die Zimmer aus. Das Handwerkliche ist für ihn, den Tischler, kein Problem. Gleich neben der Rezeption sind seine Werkstatträume. Denn er ist noch lange nicht fertig, auch mit der eigenen Wohnung. Das Geschäft geht immer vor, sagt er.

Weiterhin gibt es einen Party-Raum für größere gesellige Runden und eine Terrasse mit Feuerschale und Grill. Das weitläufige Grundstück, auf dem sich früher Gärten befanden, ist überraschend grün, zwischen den Häusern hat Wilberg Blumenbeete und einen kleinen Kinderspielplatz angelegt. Denn wenn die Arbeiter am Freitag nach Hause fahren, macht Wilbergs Lebensgefährtin Maryana Remus, die Ukrainisch, Russisch und Polnisch spricht – perfekt für die Gästezusammensetzung – die Zimmer für Wochenendgäste flott. Die Lage zwischen Babelsberger Zentrum und Filmpark ist ideal für Touristen. Meist sind es junge Leute oder Familien, die hier günstige Zimmer finden, sich für Familienfeiern treffen.

An Wochentagen ist es tagsüber sehr ruhig in der Pension. Nur früh zwischen sechs und sieben Uhr, wenn alle gleichzeitig aufbrechen, ist die Hölle los, sagt Wilberg, und später am Nachmittag, wenn sie zurückkommen. „Das ist hier dann wie im Hühnerstall.“ Und er klingt dabei ein bisschen wie ein Herbergsvater. Abends holt manch einer seine Gitarre raus und am Feuer wird gesungen. Und gern und viel gesoffen. Wilberg hat einen großen Getränkeautomaten mit Kühlung angeschafft. Freier Verkauf mit Kasse des Vertrauens, so war es anfangs, funktionierte nicht, hat er gelernt.

Fast ausschließlich Männer mieten sich ein, Frauen auf Baustellen gibt es kaum. Einmal hatte er eine Malerin, aber das war die große Ausnahme. Eine Ausnahme wie der Staatsanwalt aus Hannover, der bei Weiterbildungen hier übernachtet. Und einmal seine Frau für einen Wochenendurlaub mitgebracht hat.

Im Winter, wenn auf den Baustellen Ruhe ist, arbeitet Wilberg mit dem Bereich Wohnen der Stadt Potsdam zusammen, die hier Zimmer für Obdachlose anmietet. Davon wird man nicht reich, aber so stehen die Zimmer wenigstens nicht leer. Aber die handfesten Bauarbeiter sind ihm immer die liebsten. Sie scheinen gut zusammen zu passen, der Wirt und die Männer vom Bau, die sich auch ohne viele Worte verstehen. „Touristen wollen immer so viel reden, mit denen wirste verrückt“, sagt Wilberg.

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