Landeshauptstadt: Bereit für die nächste Flut
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière stellte in Eiche die Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie Brandenburg in den Dienst – eine Freiwilligen-Truppe aus Reservisten
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Eiche - Marcus Mittelstädt sorgt hauptberuflich dafür, dass niemand untergeht. Der 31-Jährige ist Bademeister in der Therme in Bad Saarow. Künftig – an Wochenenden und mindestens eine Woche im Jahr – tauscht der junge Mann die Badehosen nicht mit der Freizeitkluft, sondern mit der Uniform der Bundeswehr. Mittelstädt ist von nun an Mitglied einer etwa 100 Mann starken Truppe, der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanie Brandenburg (RSU), die im Zuge der Bundeswehr-Reform aufgestellt wurde. Am Freitag ist sie im Beisein von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) durch den Kommandeur des Landeskommandos Brandenburg, Oberst Peter Arendt, an ihrem Standort in der Havelland-Kaserne in Potsdam-Eiche offiziell in Dienst gestellt worden.
Bis zu 30 dieser aus Reservisten der Bundeswehr zusammengestellten RSU-Kompanien werden in den Bundesländern gebildet. Die RSU-Kompanie Brandenburg ist die 17. dieser aus Freiwilligen bestehenden Verbände. Benötigt würden die RSU-Kompanien, „um auch ohne Wehrpflicht im Katastrophenfall gut aufgestellt zu sein“, erklärte de Maizière in seiner Rede beim Aufstellungsappell vor den RSU-Reservisten und ihren Angehörigen. Zu den Aufgaben der von Reserve-Oberstleutnant Felix von Streit geführten Truppe gehört nicht nur der Heimat- und Katastrophenschutz, sondern auch die Stärkung „der aktiven Truppe im Wach- und Sicherungsdienst militärischer Anlagen“, wie es in einer Information der Streitkräftebasis heißt. „Reservisten können künftig im gesamten Spektrum der Bundeswehr eingesetzt werden“, so der Verteidigungsminister: „Wir wollen eine starke Reserve.“ Hintergrund der Aufwertung der Reservisten ist die Bundeswehrreform mit der Aussetzung der Wehrpflicht und der Einführung des freiwilligen Wehrdienstes.
Es habe Befürchtungen gegeben, eine verkleinerte Bundeswehr stünde als „letzte, verlässliche Instanz“ bei Katastrophen wie etwa dem jüngsten Elbe-Hochwasser nicht mehr zur Verfügung, erklärte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Dank der RSU-Kompanien könnten die Landräte und Bürgermeister wieder ruhig schlafen, sagte Jakobs.
Um etwa den technischen Anforderungen eines Hochwasser-Einsatzes bestehen zu können, erhält die vom Landeskommando geführte RSU Brandenburg das Logistikbataillon 172 in Beelitz als Patenverband. Das ist nach Bundeswehr-Aussage auch deshalb wichtig, weil die RSU-Kompanie Brandenburg neben zwei Infanteriezügen auch einen Pionierzug umfasst – eine Reaktion auf die Katastrophenschutz-Anforderungen im wasserreichen Land Brandenburg.
Beim Appell zur Indienststellung der Reservisten-Truppe fielen einige Anklänge an die preußische Vergangenheit auf: Flankiert wurde das Rednerpult des Verteidigungsministers durch zwei hochgewachsene Männer in Traditionsuniformen von der „Vereinigung zur Förderung und Pflege der Tradition der Potsdamer Riesengarde ,Lange Kerls’ e.V.“. Das Luftwaffenmusikkorps aus Berlin spielte Märsche mit Titeln wie „Preußens Gloria“ oder „Preußischer Präsentiermarsch“. Manche Traditionslinie der Vergangenheit erscheint manchen indes fragwürdig: Vor dem Eingang der Havelland-Kaserne protestierten Demonstranten mit einem Transparent, darauf die Forderung: „Kein neuer Freikorps!“ Militärische Verbände Freiwilliger spielten in der europäischen Geschichte völlig unterschiedliche Rollen. Der Lützowsche Freikorps der preußischen Armee etwa kämpfte in den Befreiungskriegen gegen die Napoleonische Besatzung. Nach dem Ersten Weltkrieg waren Freikorps an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik beteiligt.
Felix von Streit, Chef der RSU-Kompanie, hält hingegen jedwede Freikorps-Analogie für abwegig: „Wir stehen zum Grundgesetz“, erklärte der hauptberufliche Geschäftsführer der Mittelmärkischen Wasser- und Abwasser GmbH in Kleinmachnow. Die Bundeswehr und so auch seine Kompanie „handelt nach klaren Vorgaben von Parlamenten“, sagte er.
Doch was führt die jungen Männer in die Reservisten-Einheit? Darauf Jörg Kirst, Umwelt-Ingenieur beim ADAC: „Ein Stabsfeldwebel erhält 14,32 Euro am Tag – wer glaubt, dass wir es des Geldes wegen machen, ist auf dem Holzweg.“ Vielmehr gehe es um den Dienst an der Gesellschaft und auch „ein bisschen Spaß am Soldatsein“. Marcus Mittelstädt, der Bademeister aus Bad Saarow, der als aktiver Soldat nicht nur in Mazedonien und im Kosovo war, sondern auch bei vier Hochwassern einschließlich des diesjährigen seinen Mann stand, pflichtete dem bei: „Es kann Spaß machen, etwas für seine Region zu tun.“
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