Sport: Bereit, sich zu quälen
Die Potsdamer Hans Gruhne und Karsten Brodowski wollen mit dem Doppelvierer Ruder-WM-Edelmetall
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So richtig kann es Hans Gruhne immer noch nicht glauben: Gerade dem Juniorenalter entwachsen, wird der Skuller der Potsdamer Ruder-Gesellschaft schon in seinem ersten Männer-Jahr bei den Weltmeisterschaften der Elite dabei sein. Wenn am kommenden Montag der deutsche Doppelvierer in München in seinen Vorlauf startet, wird Gruhne gemeinsam mit seinem Vereinskameraden Karsten Brodowski, dem Berliner Robert Sens und dem Magdeburger René Bertram für Deutschland rudern.
„Dass es so schnell geht, hätte ich auch nicht gedacht. Ich wollte mich eigentlich erst einmal in der U23 durchsetzen – aber dann lief alles optimal“, sagt der 19-Jährige, der in Bestensee daheim ist, seit der 7. Klasse die Potsdamer Sportschule besucht und im Internat gleich daneben wohnt. Nach seinem Junioren-WM-Gold mit dem Doppelvierer 2005 in Brandenburg wurde Hans Gruhne im vergangenen Jahr Junioren-Weltmeister im Einer, „und die Erfahrungen, die ich auf dem Weg dorthin gesammelt hatte, haben mir in diesem Jahr sicher auch geholfen, denn der Weg in die Nationalmannschaft führt über die Einer-Leistungen“, meint der 1,93-Meter-Mann, der bei den Deutschen Kleinboot-Meisterschaften in Köln – in Abwesenheit des aktuellen WM-Zweiten Marcel Hacker (Frankfurter RG Germania) – ebenso Zweiter hinter Robert Sens wurde wie später bei einer Regatta in Hamburg. Von Sens – seit zehn Jahren bei WM am Start und nun in München direkt vor ihm als Schlagmann rudernd – könne er viel lernen, erklärt Hans Gruhne, der im Vierer der Jüngste und Kleinste ist. „Robert hat ein unglaubliches Bootsgefühl, da nimmt man schon viel mit.“
Das jetzige Quartett wurde erst nach dem verpatzten Weltcup in Luzern im letzten Trainingslager in Österreich gebildet. „Wir passen gut zusammen, denn von unserer Art und Weise zu rudern her haben wir alle die gleiche Auffassung“, sagt Gruhne. Auf dem Weissensee in Kärnten, in 930 Metern Höhe am Fuß der Gailtaler Alpen gelegen, wurden pro Tag bis zu 45 Kilometer gerudert. „Der See ist 11,6 Kilometer lang und motorbootfrei, da waren lange Einheiten möglich“, berichtet der Potsdamer Trainer Bernd Landvoigt, der gemeinsam mit seinem ebenfalls in Potsdam wohnender Berliner Kollege Dieter Öhm für den WM- Doppelvierer verantwortlich zeichnet. Zwischendurch wurde zusätzlich Kondition getankt. „Dann sind wir eine Stunde gelaufen oder in den Bergen gewandert“, erinnert sich Gruhne, dessen Team mittlerweile in München- Oberschleißheim auf der Olympia-Strecke von 1972 trainiert. „Jetzt fangen wir an, Umfang rauszunehmen“, erläutert der Potsdamer.
Im Gründinger Hotel „Forelle“ teilt sich Gruhne das Zimmer mit seinem Vereinskameraden Karsten Brodowski, der 2004 bei den WM im japanischen Gifu bereits mit Sens und Bertram im deutschen Doppelvierer ruderte und damals Sechster wurde. „Die Vorbereitung hat ordentlich geschlaucht“, erzählt der in Berlin wohnende 22-jährige Mahlower, der mit seinen 2,05 Metern der Größte im Vierer ist. „Das Boot läuft gut, das ist kein schlechtes Rudern. Von unseren bisherigen 50, 60 Trainingseinheiten war höchstens eine Handvoll nicht okay.“ Die Einstellung eines jeden stimme. „Keiner will sich nun mit einem Rang ab Platz vier abwärts begnügen. Wir wollen alle eine Medaille, und bei allen ist die Bereitschaft da, sich dafür auch zu quälen“, sagt Brodowski. „Der Einzug ins Finale wird angesichts der Dichte in der Weltspitze schwer, ist aber Pflicht. Und wenn wir dann alles umsetzen, was wir können, ist eine Medaille realistisch.“
Dabei sind die Aufgaben im Boot klar verteilt: Sens gibt den Schlag vor, „den ich haargenau übernehmen muss, damit es hinter mir auch klappt“, so Gruhne. „Und ich sorge für Dynamik aus der Mitte heraus“, erzählt Brodowski. Bertram im Bug ist für eventuelle kurze Kommandos zur Renngestaltung zuständig. „Ich hoffe, dass wir stark genug für eine Medaille sind“, meint auch Hans Gruhne, der inOberschleißheim auf die lautstarke Unterstützung seiner Eltern Kerstin und Ralf und vieler Potsdamer Schlachtenbummler setzen kann.
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