Landeshauptstadt: Berg der Wissenschaften
Seit 175 Jahren Forschung auf dem Telegrafenberg
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Der Potsdamer Telegrafenberg, Heimstatt bedeutender wissenschaftlicher Institute, feierte gestern mit einem Festkolloquium seinen 175. Geburtstag. Der Berg selbst sei natürlich wesentlich älter, geologisch genau genommen 20 000 Jahre, erinnerte Prof. Reinhard Hüttl, Direktor des GeoForschungsZentrums (GFZ), an die Entstehung in der letzten Eiszeit. Das Jubiläum geht auf die Errichtung der optischen Telegrafenstation der Strecke Berlin-Koblenz im Jahre 1832 zurück, die dem Berg seinen Namen verlieh. Ein provisorischer Mast weist seit gestern auf das historische Ereignis hin, das den Beginn der Forschungsgeschichte an diesem Ort markiert. 1874 entstand hier das erste astrophysikalische Observatorium der Welt, in dem die Spektralanalyse erstmals auf die Erforschung von Himmelskörpern angewendet wurde. Mit dem 1898 gebauten Großen Refraktor entdeckte man, dass der interstellare Raum nicht leer ist. Traditionslinien für Prof. Matthias Steinmetz, Direktor des Astrophysikalischen Instituts Potsdam, das derzeit am Bau eines der größten optischen Teleskope in Arizona, USA, beteiligt ist.
Auch das GFZ ist auf dem Berg verwurzelt. Um 1890 wurden hier das Geodätische Institut und das Magnetische Observatorium angesiedelt. Damals gelang in Potsdam die erste Fernaufzeichnung eines Erdbebens. Heute arbeitet das GFZ an einem Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean.
Der moderne wissenschaftliche Gerätebau lockte im 20. Jahrhundert Polarforscher wie Amundsen, Wright und Nansen auf den Telegrafenberg. Von hier aus wurden zahlreiche Expeditionen ins Eis technisch ausgestattet – der Beginn der Potsdamer Polarforschung, die jetzt im Alfred-Wegener-Institut beheimatet ist. Prof. Joachim Schellnhuber, der das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung leitet, meinte gestern, dass viele Potsdamer nicht wüssten, welches Juwel sie mit den Gebäuden und Instituten auf dem Telegrafenberg hätten. Über die Geschichte der Wetteraufzeichnungen könne man sich im jüngst eröffneten Meteorologischen Museum informieren. Auch die „Lange Nacht der Sterne“ am 29. September lädt dazu ein, auf den Berg zu steigen und mit dem Großen Refraktor in die Ferne zu schauen. Antje Horn-Conrad
Antje Horn-Conrad
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