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Landeshauptstadt: Besetzung der Stasizentrale

Veranstaltung im Filmmuseum erinnerte an den stürmischen Herbst 1989

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Veranstaltung im Filmmuseum erinnerte an den stürmischen Herbst 1989 Die stürmischen Herbsttage des Jahres 1989 wurden am Donnerstagabend im Filmmuseum lebendig. Da hatte am 12. Dezember der Potsdamer Sprecher des Neuen Forums, Detlef Kaminski, Polizeichef Oberst Adam und den Bezirksstaatsanwalt rekrutiert, um mit ihrer erzwungenen Hilfe eine auch nach DDR-Rechtsprechung legale Besetzung der Stasi-Bezirkszentrale an der Hegelallee durchzusetzen. Damals hatte die Firma „Horch und Guck“ schon weiche Knie, setzte sich kaum zur Wehr, versuchte aber trickreich den Wendeprozess zu behindern. So wurde Kaminski nachts aus dem Bett geklingelt, weil die Staatssicherheit den Grenzübergang Dreilinden wieder schließen wollte. Begründung: Durch die Versiegelung ihrer Dienstzimmer käme sie nicht mehr an erforderliche Unterlagen. Detlef Kaminski gehörte zu den ehemaligen Bürgerrechtlern, die an der Veranstaltung der Stasi-Unterlagenstelle Potsdam zum 15. Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR teilnahmen. Sein öffentliches Engagement hatte wie das vieler anderer im Mai 1989 mit der Überprüfung der Ergebnisse der Kommunalwahlen begonnen. Damals kontrollierten in jedem Potsdamer Wahllokal zwei Oppositionelle die Stimmenauszählung. So konnte nachgewiesen werden, dass statt – wie offiziell verkündet – 1500 nicht weniger als 3500 Potsdamer gegen die „Kandidaten der Nationalen Front“ gestimmt hatten. In diesen Tagen wurden die Bürgerrechtler noch keineswegs mit Samthandschuhen angefasst. Beispiel dafür war die Kundgebung am 7. Oktober 1989 in der Klement-Gottwald-Straße. Die Volkspolizei ging gegen die gewaltlosen Demonstranten mit Gewalt vor. Anschließend nahm sie im Café Heider alle 103 Gäste fest – auch ältere Ehepaare, die von dem Protest nichts wussten. Zeitzeuge Hendrik Röder berichtet in dem 1998 gedrehten Streifen „Den Feinden die Faust“ über die unwürdige Behandlung der Inhaftierten in der als Sammelpunkt eingerichteten Polizeiturnhalle. Für diesen Film wurde auch Heinz Vietze, einst 1. Sekretär der SED-Kreisleitung, befragt, der während der Wende zum Bezirkschef ernannt worden war. Im Saal wurden Unmutsäußerungen laut, als sich Vietze, heute stellvertretender Vorsitzender der PDS-Landtagsfraktion, hinter die Sicherungsmaßnahmen stellte, die zum Schutz der Bürger bei den Volksfesten zum Republik-Jubiläum gerechtfertigt gewesen seien. Sie schlossen auf einem Gelände bei Belzig Übungen für den Straßenkampf gegen Demonstranten ein (dafür wurde sogar eine Attrappe des Potsdamer Brandenburger Tores aufgestellt) sowie die Nutzung eines Barackentraktes als Internierungslager für Oppositionelle. Als die friedliche Revolution zur Grenzöffnung führte, beklagten die Protagonisten der Bürgerbewegungen einen rapiden Schwund der Aktivitäten in den Arbeitsgruppen, die zur Erneuerung wichtiger gesellschaftlicher Gebiete und zur Demokratisierung der DDR gebildet wurden. Marianne Birthler stieß in brandenburgischen Dörfern mit diesen Ideen kaum auf Resonanz. Die Menschen wollten keine erneuerte DDR, sie hatten sie einfach satt, stellte die Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen fest. Dennoch dürften die Erfahrungen des Herbstes 1989, als das Volk seine Forderungen artikulierte, nicht vergessen werden, erklärte der SPD-Mitbegründer in der DDR Stephan Hilsberg. In der heutigen freiheitlichen, aber sozial risikoreichen Gesellschaft komme es um so mehr darauf an, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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