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Kandierte Äpfel und andere Leckereien, so locken derzeit die Weihnachtsmärkte in Potsdam.

© R. Hirschberger/dpa

Weihnachtsmärkte in Potsdam: Besinnlichkeit mit Schuss

In Potsdam stimmen derzeit mehrere Weihnachtsmärkte auf die kommenden Festtage ein. Ein Überblick darüber, welche Märkte sich lohnen - und welche eher nicht.

Von Sarah Kugler

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Potsdam - Glühweingeklecker, „Feliz Navidad“ in Dauerschleife und große Menschenmassen, die sich mit ketchuptropfenden Bratwürsten durch die Straßen schieben. Klingt nicht besonders weihnachtlich? Ist es aber – zumindest für die Besucher des alljährlichen Blauer-Lichterglanz-Weihnachtsmarkts in der Brandenburger Straße, die es auch in der ruhigen Zeit des Jahres etwas peppiger mögen. Wie man auch dort etwas Besinnlichkeit findet, welcher Weihnachtsmarktbesuch sich so gar nicht lohnt und welche Termine man sich unbedingt vormerken sollte, haben wir am Wochenende mal ausgekundschaftet.

Weihnachtsmann und Feuerrauch

Noch bis zum 27. Dezember lockt das Weihnachtsdorf im Krongut Bornstedt mit angeblicher Romantik – die zu finden etwas schwierig ist. Sicher, da sind wärmespendende Feuerkörbe, die wohliges Licht verströmen und auch der Stand mit Herrnhuter Sternen verspricht romantisches Licht zum Mitnehmen. Abgesehen von ein paar nicht gerade günstigen Genussbuden, die Waffeln für 4,50 Euro oder Glühwein mit Schuss für 5 Euro anbieten, sieht das Krongut allerdings fast genauso aus wie im restlichen Jahr. Wofür genau die 2 Euro Eintritt genommen werden, erklärt sich nicht wirklich. Für die Möglichkeit, Zinnfiguren anzumalen, sicherlich nicht, das kostet noch mal extra 1,50 Euro – pro Figur. Auch das Bungee-Trampolin, mit dem Besucher, die nicht mehr als 75 Kilogramm wiegen, bis zu acht Meter in die Luft springen können, kostet fünf Euro zusätzlich. Vielleicht für die Blechkapelle aus Berlin oder auch den Weihnachtsmann, der Wunschzettel einsammelt. Eine Familie aus Oranienburg ist extra seinetwegen nach Potsdam gekommen, hatte sich den Markt insgesamt aber größer vorgestellt. Die beiden Töchter Hanna und Laura sind dennoch tief beeindruckt vom Weihnachtsmann und überreichen ihm schüchtern selbst gebastelte Geschenke. „Da verstummt sie dann auch mal“, so die Mutter lachend. „Das ist auch gut so.“ Eine Dame aus Berlin beschwert sich indes über die stinkenden Feuerkörbe, sie sei schließlich hier, um frische Luft zu atmen und nicht Rauch. Als die Kapelle dann „Feliz Navidad“ anstimmt, verlässt sie den Hof. Mit Romantik habe das ja wohl nicht viel zu tun, sagt sie.

Knoblauchfeta und Märchentheater

Der Streit um die Frage, ob blaue Lichter nun weihnachtlich sind oder nicht, ist wieder eröffnet: Noch bis zum 28. Dezember reihen sich vom Luisenplatz über die Brandenburger Straße bis hin zur Kirche St. Peter und Paul unzählige Buden. „Ich habe das Gefühl, dass jedes Jahr ein Fressstand dazu kommt“, so Ariane Wiedau aus Potsdam. Für den jährlichen Glühwein kommt sie aber trotzdem gerne her. Den gibt es in verschiedenen Varianten, etwa als fruchtigen Beerenglühwein aus Schweden für 3 Euro. Einen Crêpe bekommt man schon ab 3,50 Euro, sogar in herzhafter Variante aus Buchweizen- oder Dinkelmehl. Besonders zu empfehlen sind außerdem die würzigen Feta-Knoblauchbrote kurz vor der St. Peter und Paul für etwa 5 Euro. Mit fortschreitender Stunde steigt die Besucherzahl – und die Aggressivität. Ein junger Vater aus Potsdam schimpft böse über eine Dame, die ihn mit einer Tasche anrempelt und zieht missmutig weiter. „Das Gedränge nervt schon“, sagt er, käme aber trotzdem gerne her, weil es eben Tradition sei und der Glühwein gut schmecke. Außerdem kämen auch die Kinder auf ihre Kosten. Für die gibt es jedes Wochenende um 17 Uhr ein Märchentheater, kommendes Wochenende wird Samstag „Hänsel und Gretel“ und Sonntag „Tischlein deck Dich“ gespielt. Wer viel Geduld hat und das Gedränge nicht scheut, kann sogar schöne Weihnachtsgeschenke finden. Etwa individuellen Schmuck für kleines Geld bei Gika Lieberlink oder nostalgische Blechschilder am gleichnamigen Stand. Richtige Besinnlichkeit findet sich allerdings tatsächlich erst nach 21 Uhr, wenn alle Buden geschlossen sind und einzig die Aromen von Glühwein sowie gebrannten Mandeln in der Luft hängen. Wer Romantik sucht, findet sie vielleicht dann im einsamen blauen Lichterglanz.

Kaffeeschmuck und Weihnachtsrätsel

Eine gelungene Premiere feierte der Kunst- und Handwerksmarkt im Holländischen Viertel am vergangenen Wochenende. Mit individuellen Ständen, die etwa Schmuck aus Besteck von Ju.Keramik oder alten Nespresso-Kapseln von trash.refresh verkauften, bot er wirkliche Wohlfühlathmosphäre ohne Schieben und Drängeln. Auch Ariane Wiedau und ihre Schwester Julia waren von dem deutlichen Kontrast zur Brandenburger Straße begeistert. „Es gibt total viel zu sehen, auch Außergewöhnliches.“ Darüber hinaus sei es angenehm, dass die Stände so verteilt sind, dass genug Freiraum zum Flanieren im Holländischen Viertel bleibt. Ein besonderer Kniff war außerdem das Weihnachtsrätsel rund um europäische Weihnachtsbräuche. Dabei mussten die Besucher zum Beispiel Fragen über den ersten Adventskranz von 1839 oder „la Befana“, die italienische Weihnachtshexe, beantworten. Und auch Schlager-Fans kamen auf ihre Kosten: Frank Zander kam für einen Auftritt vorbei und signierte in der Albert Baake Galerie seinen Fischologie-Kalender. Leider kommen Besucher erst wieder im nächsten Jahr am 3. und 4. Dezember in den Bummelgenuss.

Tanz und Handwerk

Auch der Polnische Sternenmarkt am Kutschstall am Neuen Markt, der mit seinen vielen Handwerksständen und traditionellen polnischen Tanzauftritten seinen Eintritt immer wieder wert ist, findet erst wieder im nächsten Jahr statt. Dafür können sich Weihnachtsmarktfans am kommenden Wochenende auf den Böhmischen Handwerksmarkt auf dem Weberplatz in Babelsberg sowie auf das Niederländische Adventsfest im Holländischen Viertel freuen – dieses Jahr allerdings wie berichtet ohne Sinterklaas und „Zwarten Piet“.

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