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Homepage: Bestürzende Aussichten fürs Klima Neue Ergebnisse zeigen schnellen Klimawandel
Die Zahl ist schockierend. Sollte die Emission von Treibhausgasen weiter laufen wie derzeit, rechnen die Klimaforscher nach neuesten Szenarien desWeltklimarates bis 2300 mit einem mittleren Temperaturanstieg von über acht Grad.
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Die Zahl ist schockierend. Sollte die Emission von Treibhausgasen weiter laufen wie derzeit, rechnen die Klimaforscher nach neuesten Szenarien desWeltklimarates bis 2300 mit einem mittleren Temperaturanstieg von über acht Grad. Die Mengen an fossilen Energieressourcen dafür würden noch unter der Erde liegen, erklärte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber. „Die Klimazukunft bringt Bestürzendes“, so Schellnhuber. Allein das angestrebte Ziel von zwei Grad Erwärmung hätte irreparable Folgen, obschon es für die Menschheit eine große Herausforderung bedeutet, dieses Ziel überhaupt einzuhalten. Erst jüngst hatten die PIK-Forscher in einer Studie festgestellt, dass bereits ab 1,6 Grad Anstieg weltweit die Korallenriffs aus den Meeren verschwinden würden.
Bereits heute ist es in einigen Regionen Deutschlands ein bis zwei grad wärmer als zu Beginn der Industrialisierung. Bis zum Ende des Jahrhunderts rechen die Klimaforscher von zusätzlich zwei bis vier Grad Temperaturanstieg. Schellnhuber nannte aktuelle Wetterextreme, die von der Forschung mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht werden, etwa die aktuelle Dürre in den USA oder die weltweit noch kaum wahrgenommene schwere Dürre im tropischen Regenwald Brasiliens. Bei Temperaturen um 40 Grad werde im Nordosten Brasiliens der Regenwald derzeit stark geschädigt. Warum extreme Hitzewellen wie 2003 in Mitteleuropa und 2010 in Osteuropa weitaus stärker ausfielen als vor dem Hintergrund des Klimawandels erwartet, will Schellnhuber nun mit einem neuen Forschungsansatz zur Verstärkung planetarischer Wellen aufklären. „Der Klimawandel verstärkt offensichtlich Prozesse lokaler Wetterlagen“, erklärte der PIK-Chef.
Dass die globale Erwärmung bis 2030 rund 70 Prozent aller Korallenstandorte langfristig schädigen könnte, falls sich die bunten Meereswesen nicht anpassen, ist ein Ergebnis einer aktuellen PIK-Studie. Damit rechen die Forscher sogar, wenn die globale Erwärmung auf zwei Grad begrenzt wird. Um wenigstens die Hälfte der Korallenriffe weltweit zu schützen, dürfe die Erderwärmung bis 2030 höchstens 1,5 Grad Celsius betragen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Climate Change“. Ein Ziel, das nach allen realistischen Szenarien kaum zu erreichen ist.
Die große Frage sei nun, inwieweit Korallen sich an die steigenden Temperaturen anpassen können, indem sie zum Beispiel mit wärmeresistenteren Algen eine Symbiose eingehen. „Aber das wissen wir noch nicht genau. Selbst wenn der Ausstoß von Treibhausgasen stark vermindert würde, müssten mögliche Anpassungsmechanismen sehr schnell wirken“, so Hauptautorin Katja Frieler. Korallen haben jedoch lange Lebenszyklen von 5 bis 100 Jahren. „Sie sind nicht wie Fruchtfliegen, die sich viel schneller evolutionär entwickeln können“, betont Co-Autor Ove Hoegh-Guldberg.
Neben der Temperaturentwicklung stellt die Ozeanversauerung einen weiteren Risikofaktor für die Korallen dar. Die Analyse zeige, wie nah wir einer Welt ohne Korallenriffe sind. „Das Zeitfenster zum Handeln ist klein, und es schließt sich rasch“, erklärt Malte Meinshausen, Ko-Autor vom PIK und der Universität Melbourne. „Wir schließen dieses Fenster, wenn wir ein weiteres Jahrzehnt ungehemmt immer mehr Treibhausgase in die Atmosphäre entlassen.“ Jan Kixmüller
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