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Landeshauptstadt: Betrunkener Polizist aus Pappmaché

Im „Kunstgriff 23“ in Potsdam-West werden Handpuppen für den „Lebendigen Adventskalender“ gebastelt

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Eigentlich ist Otis leidenschaftlicher Comiczeichner. Doch im Atelier „Kunstgriff 23“ in Potsdam-West hat der 14-Jährige auch andere Techniken für sich entdeckt. Kaltnadelradierung, Hinterglasmalerei, Druckgrafik und Theaterpuppen – das alles wird in der Kreativwerkstatt der Potsdamer Künstlerin Heike Isenmann hergestellt. Seit rund vier Jahren ist Otis nun schon dabei.

Im Internet hat er sich damals nach Kunstkursen in Potsdam umgeschaut und ist dabei auf Isenmanns Zeichenschule gestoßen. „Heikes Angebot hat mir am besten gefallen. Außerdem war der Flyer so schön gestaltet“, sagt Otis. Hier wird auch nicht nur gezeichnet. In ihren Montags- und Mittwochskursen kreiert Isenmann zusammen mit rund 20 jungen, kreativen Köpfen Handpuppen aus Pappmaché.

Ob Punk, Hexe, Minotaurus oder ein betrunkener Polizist – der Fantasie der Kinder sind keine Grenzen gesetzt. Auf dem Bildschirm zeigt sie den Nachwuchskünstlern Fotos von auffällig gestalteten Theaterfiguren und erklärt: „Ihr könnt ruhig ein wenig übertreiben, wenn ihr eure Handpuppen bemalt und schminkt.“ Für Isenmann ist es besonders wichtig, dass die Kinder eigenständig arbeiten. „Ich gebe ihnen zwar Hilfestellung, bin aber nicht ihre Animierdame oder ihr persönlicher Diener“, sagt Isenmann und lacht. Vor- und Nachbereitung gehören für sie zum Ritual der Kunst dazu.

Gekleidet in einem langen, weißen Kittel und ausgerüstet mit Farbe und Pinsel steht Otis eine schwere Entscheidung bevor: „Heike, soll der Punk rote oder grüne Haare bekommen?“ Für die Zukunft hat das junge Zeichentalent schon genaue Vorstellungen: „Später möchte ich Geschichte und Archäologie römischer Provinzen studieren.“ Und danach? „Irgendwas mit Wissenschaftsjournalismus“, antwortet der Neuntklässler.

Der Austausch mit den Kindern und die Energie innerhalb der Gruppen sind für Isenmann das Spannende an ihrer Arbeit. „Die Kinder gehen die Projekte mit ihren eigenen Persönlichkeiten und Stimmungen ganz unterschiedlich an“, sagt die 48-Jährige. „Sie sind mein Vorbild, weil sie mir immer wieder zeigen, was man in zwei Stunden alles schaffen kann.“

Vor rund zehn Jahren hat sie den „Kunstgriff 23“ in der Carl-von-Ossietzky-Straße gegründet. Doch die Kursangebote sind für Isenmann nie wirklich zu einer richtigen Arbeit geworden. Beim Werkeln kann sie zur Ruhe kommen. „Selbst zur Ruhe kommen, das kostet ja schließlich auch oft Arbeit“, sagt die Freiberuflerin mit einem Lächeln.

Die fertigen Handpuppen sollen am 10. Dezember bei der Aufführung zum „Lebendigen Adventskalender“ zum Einsatz kommen, bis dahin wird noch fleißig geformt, gekleistert und gemalt. Die Rahmenhandlung für das rund 20-minütige Schauspiel stammt von der Potsdamer Autorin Kerstin Raatz, die die Geschichte auch selbst vorlesen wird. „Mit unseren handgefertigten Puppen spielen wir dann das, was in der Rahmenhandlung selbst nicht erzählt wird. Die Handpuppen erzählen also eine Geschichte in der Geschichte“, erklärt Isenmann.

Auch für Erwachsene bietet sie Kurse an. Mit ihnen erstellt Isenmann derzeit CD-Grafiken, die durch Kaltnadelradierung entstehen. „Die Radierungen sind ein tolles Weihnachtsgeschenk, weil sie entweder selbst bespielte CDs aufpeppen oder einfach als Wandschmuck verwendet werden können“, sagt die Potsdamerin. Die Arbeit mit den Erwachsenen betrachtet sie als gegenseitige Bereicherung – fern von jeglichem Konkurrenzdenken.

Wer noch nicht alle Weihnachtsgeschenke zusammen hat, kann am ersten und dritten Advent ab 14 Uhr im „Offenen Atelier“ Kalender und Grafiken durchstöbern und sich über Kurse informieren. Außerdem stellt Isenmann ihre Werke aus.

Carl-von-Ossietzky-Straße 23, Kursanmeldung unter der Tel. (0331) 505 3735.

Mareike-Vic Schreiber

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