SCHÖNBOHM meint: Bewerben und werben
Mit betont sachlicher Mimik und Gestik informiert der Nachrichtensprecher über die sich verringernde Arbeitslosenquote. Beginnt sich etwa mehr Normalität in unserem Land und hoffentlich auch in unserer Gesellschaft auszubreiten?
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Mit betont sachlicher Mimik und Gestik informiert der Nachrichtensprecher über die sich verringernde Arbeitslosenquote. Beginnt sich etwa mehr Normalität in unserem Land und hoffentlich auch in unserer Gesellschaft auszubreiten? Ja, und besonders in Potsdam haben die Zahlen „Westniveau“ erreicht, aber noch immer suchen junge Menschen einen Arbeitsplatz. Ich denke an die mühevollen Bewerbungen unseres Enkels, die wir hautnah begleiten.
„BEWERBEN“ hat immer etwas mit WERBEN zu tun – und dazu ist Voraussetzung eine positive Einstellung von sich selbst. Bei manchen Menschen steigert sich das zu einer Egozentrik, die nicht nur das Outen eines außergewöhnlichen persönlichen Merkmals ermöglicht, sondern dieses auch noch als selbstverständlich standardisiert und damit gepunktet wird.
Jahrzehntelang haben wir in der Schule und Uni unseren Platz, lernen und entwickeln unsere Begabungen und fügen uns den Gegebenheiten. Im Erwachsenenalter müssen wir unseren Platz erst suchen – und finden. Manchmal klaffen Wunsch und Realität zu weit auseinander und es muss ein Kompromiss eingegangen werden. Selten passt gleich alles zueinander, aber immer finden wir Lösungen. „Wundersam“ ist in unserer Familie dafür ein übliches „geflügeltes Wort“, das von unserem seinerzeit fünfjährigen Enkel Frederik geprägt wurde.
„Wem der Herr gibt ein Amt, dem gibt er auch Verstand“, beruhigt uns eine Lebensweisheit. Aber sie entspringt wohl mehr einem Wunschdenken. BEwerben kann man sich mit Zeugnissen, Qualifikationsnachweisen ... WERBEN um einen Menschen oder eine Position kann man nur mit seinen persönlichen Worten, seinem Charakter und seiner individuellen Ausstrahlung.
Und wie ist es mit dem Kündigen? Von dem Betreffenden selbst ist es wahrscheinlich eher ein Rückzieher, ein Aufgeben. Kann man denn sich selbst aufkündigen? Hoffentlich nicht.
Zum Glück gibt es noch UNKÜNDBARE Stellungen – jedenfalls in meinem Leben: Vater, Großvater, Ehemann. Gott sei Dank.
Unser Autor Jörg Schönbohm ist ehemaliger Innenminister des Landes Brandenburg, Senator in Berlin, General a.D. der Bundeswehr und Ehrenvorsitzender der CDU Brandenburg. Er lebt in Kleinmachnow.
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