Landeshauptstadt: Bewerbung per Werbespot
Acht Langzeitarbeitslose werben im Radio für sich
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Am guten Willen mangelt es Ilona Stechow nicht: „Ich will arbeiten“, sagt die Potsdamerin. Doch trotz langjähriger Berufserfahrung – die gelernte Fachverkäuferin war als Bürokauffrau und Kundenbetreuerin tätig und arbeitete im Versicherungsmanagement – ist sie heute langzeitarbeitslos. Nach zahllosen Bewerbungen geht Ilona Stechow nun einen ungewöhnlichen Weg – sie bietet ihre Fähigkeiten über einen Radio-Werbespot an: „Es war eine Riesenchance, also dachte ich mir: Trau dich!“
Stechow gehört zu einer von acht langzeitarbeitslosen Potsdamerinnen und Potsdamern, die an der Aktion „Ich kann“ teilnehmen. Die Fachstelle Arbeitsmarktpolitik und Beschäftigungsförderung der Stadt Potsdam und der private Radiosender Radio Potsdam 89,2 haben sie ins Leben gerufen.
Jeder der Teilnehmer – darunter ein Bauleiter, eine Mediengestalterin und ein Sachbearbeiter – hat einen etwa 50-sekündigen Spot eingesprochen und die persönlichen Qualifikationen vorgestellt. „Wer kann eigentlich Empfangsdame?“, fragt eine Stimme im Spot. „Ich kann!“, antwortet Stechow darauf ganz selbstbewusst. Bis zu achtmal am Tag werden die Spots ab sofort im Programm laufen, jeder soll insgesamt über vier Wochen gesendet werden.
Fabian Dübner, Leiter der Arbeitsmarktfachstelle in der Stadtverwaltung, kam die Idee beim Autofahren: „Im Radio hörte ich einen Spot für Existenzgründer und dachte: So was müssten wir auch machen.“ 1 600 Langzeitarbeitslose gibt es derzeit in Potsdam, 360 davon betreut die Fachstelle derzeit im Rahmen der Landesförderung „Integrationsbegleitung von Langzeitarbeitslosen“. Dort werden die Teilnehmer darin trainiert, ihre eigenen Qualitäten überzeugend nach außen zu tragen, erklärt Dübner: „Viele haben eine regelrechte ‚Maßnahmen-Karriere' hinter sich und trotzdem keinen Erfolg bei Bewerbungen.“
Parallel dazu wurde „Ich kann“ gestartet, an der sich nun acht Teilnehmer der Integrationsbegleitung beteiligen. Beide Projekte werden durch das Brandenburger Ministerium für Arbeit mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Brandenburg in Höhe von insgesamt 550 000 Euro finanziert. Ein Hauptziel der Kampagne ist der Abbau von Vorurteilen gegenüber Langzeitarbeitslosen, so Dübner. „Wir wollen die Arbeitgeber neugierig machen“, sagt er. Unternehmen, die Interesse an den Bewerbern hätten, könnten sich an die Fachstelle für Arbeitsmarktpolitik wenden.
Zunächst hatte die Stadtverwaltung überlegt, einen regional breit aufgestellten Radiosender für die Kampagne zu wählen, so Dübner. Aber es gab Bedenken: „Wenn sich dann ein Arbeitgeber aus der Uckermark meldet, ist nicht sicher, ob unsere Teilnehmer wirklich eine so weit entfernte Stelle annehmen wollen.“ Also entschied sich die Fachstelle mit dem 2012 gegründeten Radio Potsdam für einen lokalen Sender. „Hier haben wir die Zielgruppe der Potsdamer, die wir erreichen wollen“, so Dübner. Auch das Bürgerradio SchlaatzFM sei ein möglicher Kandidat gewesen, so der Leiter der Fachstelle, doch dies habe als reines Internetradio eine zu geringe Verbreitung.
Ob die Kampagne ausgeweitet werden soll – zum Beispiel mit Plakaten – oder ob noch weitere Sender die Spots übernehmen sollen, ist noch nicht klar. Dies werde davon abhängen, wie sich die aktuelle Kampagne entwickele, so Dübner. Erik Wenk
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