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Mendelssohn-Zentrum: Bewusst in die Politik einmischen
Das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien hat am Donnerstag in Potsdam sein 20-jähriges Bestehen gefeiert.
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Die Vorzeichen seien besser denn je. 20 Jahre nach seiner Gründung spiegele das Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ) heute ein neues, weltoffenes Potsdam, in dem Studien und Themen der europäisch-jüdischen Geschichte zum festen Bestandteil der Wissenschaften geworden sind. Gleichzeitig, so betonte MMZ-Direktor Julius H. Schoeps zum 20. Jubiläum des Zentrums, sei in den vergangenen Jahren die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Europa, Israel und Übersee deutlich erweitert worden.
Allerdings merkte Schoeps beim Festakt am Donnerstagabend im Potsdamer Kutschstall kritisch an: „Noch sind wir nicht an dem Punkt angelangt, wo Nichtjuden und Juden in diesem Land, in dieser Stadt, unverkrampft und gelassen miteinander umgehen.“ Die Themen Juden und Judentum würden zwar auf erstaunliches Interesse stoßen. „Doch nach wie vor ist es ein Reiz- und Tabuthema geblieben“, sagte Schoeps. Es brauche Zeit, um Chancen und Grenzen des sozialen Miteinanders zu erkennen. An dieser Entwicklung wolle das MMZ mitwirken.
Rund 300 Gäste waren am Donnerstagabend im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam erschienen, um das 20-jährige Jubiläum des MMZ mit einem Festakt zu begehen. Schoeps forderte die Landesregierung auf sicherzustellen, dass im geplanten „Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg“ sowohl das Mendelssohn Zentrum wie das ebenfalls in Potsdam ansässige Abraham Geiger Kolleg auf Leitungsebene vertreten sein müssten. Nach derzeitigem Planungsstand sei das nicht vorgesehen. „Aus unserer Sicht ist das nicht hinnehmbar“, so Schoeps, der seit 1992 das Mendelssohn-Zentrum leitet. Zumal die Idee für ein länderübergreifende Zentrum von den beiden Einrichtungen komme und diese „einen nicht unbeachtlichen Beitrag“ dazu leisten sollten.
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hält das MMZ 20 Jahre nach seiner Gründung aus der „bunten und anspruchsvollen“ Wissenschaftslandschaft Brandenburgs für nicht mehr wegdenkbar. Mit seinem akademischen und gesellschaftlichen Engagement mache das Haus seinem Namensgeber, dem Philosophen und Aufklärer Moses Mendelssohn, alle Ehre, so Platzeck in seinem Grußwort. Er würdigte den Anspruch des MMZ, Wissen über Juden, Judentum und Israel an breite Bevölkerungskreise zu vermitteln, Berührungsängste abzubauen, interkulturellen Dialog zu fördern und auch die Gefahren rechtsextremistischer und antisemitischer Auswüchse aus wissenschaftlich-empirischer Perspektive zu verdeutlichen.
Das MMZ hat nach Einschätzung von Schoeps bewiesen, dass sich die „Wissenschaft vom Judentum auch in Deutschland wieder in einer vitalen Entwicklungsphase befindet“. Das Zentrum verlege sich aber nicht nur auf die Forschung, man wolle sich bewusst auch in die Politik einmischen. Jan Kixmüller
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