zum Hauptinhalt
Künftig nur noch tagsüber? In Baden-Württemberg dürfen Kioske oder Tankstellen schon seit 2010 ab 22 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen.

©  Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Bierverbot ab 22 Uhr?

Stadtverwaltung berät über nächtliches Verkaufsverbot von Alkohol – und stößt damit auf Kritik

Von Katharina Wiechers

Stand:

Potsdam - In Stuttgart, Tübingen oder Ulm ist es schon lange Realität: Ab 22 Uhr darf kein Alkohol mehr verkauft werden, nicht im Supermarkt oder am Kiosk, nicht an der Tankstelle und auch nicht vom Pizza-Lieferservice. Nun wird auch in Potsdam ein nächtliches Alkoholverbot geprüft, wie die Verwaltung auf PNN-Anfrage bestätigte. Beim regionalen Tankstellenverband sowie einigen Fraktionen im Stadtparlament stößt dieses Vorhaben allerdings auf Ablehnung.

Auslöser für die Debatte ist ein Vorstoß des Städtenetzwerks Kriminalprävention, in dem Potsdam neben einigen anderen Städten Mitglied ist. Elf von ihnen haben sich nun zusammengetan und eine Erklärung veröffentlicht – auch Potsdam zählt zu den Unterzeichnern. Die Städte fordern ein nächtliches Verkaufsverbot von alkoholischen Getränken außerhalb von Kneipen und Restaurants. Vor allem wegen Problemen mit übermäßigem Alkoholkonsum von Jugendlichen solle der „freie Verkauf von Alkohol rund um die Uhr eingeschränkt werden“, heißt es in der Erklärung. Und es wird auf eine entsprechende Regelung in Baden-Württemberg verwiesen, die sich bewährt habe.

„Wir sind an dem neuen Vorstoß des Forums nicht aktiv beteiligt, werden aber erneut intern über Pro und Contra eines solchen Verkaufsverbotes und die Umsetzungsmöglichkeiten beraten“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow. Allerdings verwies er auch auf das bereits geltende Jugendschutzgesetz, das unabhängig von der Uhrzeit den Alkoholkonsum von Jugendlichen einschränken soll. Darin ist geregelt, dass der Verkauf von Spirituosen an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren verboten ist. Bier, Wein, Sekt, oder Mischgetränke sind erst ab 16 Jahren erlaubt.

Dennoch ist das Städtenetzwerk der Meinung, dass der Alkoholmissbrauch durch Jugendliche mit einem Verkaufsverbot von 22 bis 5 Uhr weiter eingeschränkt werden könnte – auch wenn das Problem des sogenannten Koma-Trinkens in den vergangenen Jahren nicht weiter zugenommen habe. Es müsse stärker darauf gedrängt werden, dass Minderjährige nicht unrechtmäßig Alkohol an Supermärkten und Kiosken erwerben könnten, heißt es in der Erklärung. Auch müsse die Weitergabe von Alkoholika innerhalb einer Clique durch Volljährige an minderjährige Freunde mit Bußgeldern geahndet werden.

Letzteres fordert auch Steeven Bretz, stellvertretender CDU-Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter. Es sei eine stringentere Kontrolle des Jugendschutzgesetzes nötig, sagte er. Zum Beispiel könnten wie in anderen Städten Testkäufer eingesetzt werden, um zu prüfen, ob Läden sich an die bestehenden Regelungen hielten. Zudem forderte er drastischere Strafen bei einem Verkauf von Alkohol und Zigaretten an Jugendliche. Ein generelles Verkaufsverbot ab 22 Uhr lehnt Bretz hingegen ab. Eine solche „Verbotspolitik“ dürfe nur ultima ratio sein, betonte er.

Auch Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg hält nichts von einem solchen Verbot. „Wer Alkohol kaufen will, findet immer Mittel und Wege“, sagte er. Stattdessen müsse mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. Er halte den Vorstoß für Aktionismus, der das eigentliche Problem nicht löse.

Auch der Verband des Garagen- und Tankstellengewerbes Nord-Ost, der auch für Brandenburg zuständig ist, spricht sich gegen ein Verbot aus. Schon jetzt seien die Tankstellen an das Jugendschutzgesetz gebunden, sagte Vorstandsvorsitzender Wolfgang Rohrbeck. Für die Tankstellen sei der Shopbereich die wichtigste Einnahmequelle, allein vom Benzinverkauf könnten sie nicht mehr kostendeckend wirtschaften. Gerade in den Abendstunden stelle der Verkauf in den Tankstellenshops einen wesentlichen Anteil des Umsatzes dar. Sollte ab 22 Uhr der Alkoholverkauf verboten werden, müsse auch über eine Schließung der Tankstellen ab diesem Zeitpunkt nachgedacht werden.

Ohnehin kann die Stadt das abendliche Verkaufsverbot nicht alleine entscheiden, das Land müsste dafür das Ladenschlussgesetz ändern. In Deutschland hat das bislang nur Baden-Württemberg getan (siehe Kasten). Doch die Brandenburger Landesregierung hat das Verkaufsverbot derzeit nicht auf dem Schirm. Eine Änderung des Ladenschlussgesetzes sei derzeit kein Thema, sagte der Sprecher des Landesarbeitsministeriums, Florian Engels auf PNN-Anfrage. Dies würde nur geprüft, wenn es entsprechende Anregungen etwa aus dem Gesundheits- oder dem Jugendministerium oder aber von gesellschaftlichen oder politischen Gruppen gebe, sagte er. Dies sei momentan nicht der Fall.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })