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Landeshauptstadt: Bild von Ulbricht abgehängt Landtag will Erklärtexte zur Ausstellung

Innenstadt - Eine Nachrichtenagentur aus Russland hat schon angefragt: Nachdem verfremdete Porträts von Hitler, Goebbels und Stalin im Brandenburger Parlament immer größere Wellen schlagen, bemüht man sich dort um Schadensbegrenzung. Am heutigen Mittwoch berät darüber das Landtagspräsidium.

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Innenstadt - Eine Nachrichtenagentur aus Russland hat schon angefragt: Nachdem verfremdete Porträts von Hitler, Goebbels und Stalin im Brandenburger Parlament immer größere Wellen schlagen, bemüht man sich dort um Schadensbegrenzung. Am heutigen Mittwoch berät darüber das Landtagspräsidium. CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski will nach einem einstimmigen Beschluss seiner Fraktion beantragen, die umstrittene Ausstellung des Künstlers Lutz Riedel abzuhängen. „Der Landtag ist dafür der falsche Ort“, sagte Dombrowski, der auch auf Kritik des Zentralrats der Juden und von SED-Opferverbänden verwies. SPD, Linke und Grüne wollen die Ausstellung lassen, drängen aber auf eine bislang fehlende Einordnung und begleitende Kommentierung. Und das rechtzeitig vor dem Eröffnungsfest am kommenden Wochenende, zu dem rund 20 000 Besucher erwartet werden.

Der Bilderstreit um die Werke Riedels, der unter dem Titel: „Ich! Meine Selbstporträts zwischen 1635 und 2003“ verfremdete Porträts von Personen der Zeitgeschichte zeigt, Künstler, Politiker, aber auch Tyrannen wie Hitler, Stalin und Goebbels, überlagerte am Dienstag den Alltag im Landtag. Er dominierte die Sitzungen der Fraktionen, die anschließenden Pressekonferenzen. Wie berichtet hatte zuvor der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, gesagt, er erwarte vom Landtag „mehr politisches Fingerspitzengefühl. Portraits von NS-Verbrechern gehören ganz einfach nicht ins Parlament“. Die Porträtreihe sei ein „ein fahrlässiges Spiel mit dem Bösen“. Dazu sagte Gerrit Große (Linke), Landtagsvizepräsidentin und Vorsitzende der Kunstkommission, sie nehme das ernst und werde das Gespräch mit Graumann suchen, um die Sorgen auszuräumen. Die Bilder seien eine Mahnung, eine Auseinandersetzung mit Diktatur. „Es ist keine Verehrung.“ Es sei „keine Ahnengalerie“, betonte auch Grünen-Chef Axel Vogel. Es sei aber sinnvoll, die Ausstellung um Erklärungen zu ergänzen. „Ohne Einordnung muss sie abgehängt werden“, sagte FDP-Fraktionschef Andreas Büttner. Die SPD ist gegen eine Absage der Ausstellung. „Es wäre der falsche Weg, wenn die Kontroverse in Bilderstürmerei endet“, sagte Fraktionschef Klaus Ness. Aber es sei „notwendig, Nacharbeiten vorzunehmen“. SPD und Linke wollen mehrsprachige Tafeln, auch polnisch, russisch, englisch, um mit Blick auf Besuchergruppen aus dem Ausland den Ansatz des Künstlers zu erklären. Ness bezeichnete es als unglücklich, dass es bislang keinen Ausstellungskatalog gibt. Das solle nachgeholt werden, und zwar möglichst mit Texten zur aktuellen Debatte. „Es gibt keine Bilder, die Hitler glorifizieren“, betonte Ness. Dagegen warnte CDU-Fraktionschef Dombrowski: „US-Medien berichten, und übrig bleibt: Nazi-Bilder in deutschem Parlament.“ Man müsse „Brandenburger Bürgern nicht zumuten, sich mit Bildern von Diktatoren erklären zu lassen, dass Demokratie gut ist“, sagte Dombrowski. „Dass sie das wissen, haben sie mit der friedlichen Revolution vor 25 Jahren bewiesen.“ Auf dem CDU-Flur waren am Dienstag zwei Bilder abgehängt, sie standen demonstrativ verkehrt herum am Boden – Gaddafi und Ulbricht.Thorsten Metzner (mit axf)

Thorsten Metzner (mit axf)

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