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Unverfremdetes Mörderfoto: Bild-Zeitung rügt den Presserat
Der Presserat hat "Bild" gerügt, weil die Zeitung das Foto eines minderjährigen Mörders unverfremdet abgedruckt hat. Das will die Zeitung nicht hinnehmen und hat jetzt zurück gerügt. Es ist nicht das erste Mal, dass das Blatt so reagiert.
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Für die "Bild"-Zeitung ist das Maß voll: Immer wieder hat der Deutsche Presserat die Boulevard-Zeitung aus dem Springer-Verlag gerügt, doch diesen Rüffel will die Zeitung nicht hinnehmen: Nun rügt "Bild" den Presserat auf der bis auf eine Anzeige nahezu freien dritten Seite. "Sagen Sie dem Presserat Ihre Meinung. Wie finden SIE, dass der Presserat den Mord an einer 18-Jährigen ,nicht besonders' findet. Sagen Sie ihm ihre Meinung - und bitten Sie um eine Antwort", fordert die Zeitung ihre Leser auf. Unter dem Text befinden sich die Anschrift, die Telefon- und Faxnnummer und die E-Mail-Adresse der Selbstkontrolleinrichtung der Deutschen Presse.
Beanstandet wird nicht der Bericht, sondern das unverpixelte Foto des minderjährigen Täters
In der Rüge des Presserat geht es um die Berichterstattung der Regionalausgabe Hamburg über den Mord an einer 18-Jährigen im März 2014. Sie war von einem zur Tatzeit 16-Jährigen, den sie von ihrer Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr kannte, erwürgt worden. Die "Bild"-Zeitung hatte zu dem Bericht ein Foto des Mannes abgedruckt. "Aus Sicht des Ausschusses war die Tat, so scheußlich sie war, nicht derart monströs, dass dahinter alle anderen Erwägungen, insbesondere die des Jugendschutzes, zurückzutreten haben", hatte der Presserat seine Rüge an die Zeitung später ausführlich erläutert. Die Rüge war am 13. März 2015 bekannt gegeben worden.
Mit dieser Erklärung will sich die "Bild"-Zeitung jedoch nicht zufrieden geben. In ihrem Bericht macht sie die Leser und die Eltern der Getöteten zu Anklägern: "Wie außergewöhnlich schwer und besonders muss ein Täter sein Opfer umbringen, dass der Presserat eine entsprechende Berichterstattung für zulässig hält?", fragt die Zeitung. "Und wie soll BILD den Eltern der toten Lisa die unglaubliche Begründung des Presserates erklären?" "Manche Dinge machen mich einfach sprachlos", schreibt "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann auf Twitter. Zur Debatte stand jedoch nicht die Berichterstattung, sondern der Abdruck des unverpixelten Fotos.
Zudem lag der Zeitung die ausführliche Begründung des Presserates vor. In der heißt es: "Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die furchtbare Tat von Lukas M. die Identifikation des Täters für ein großes Publikum nicht ethisch rechtfertigt. (...) Vor allem die Tatsache, dass Lukas M. zur Tatzeit erst 16 Jahre alt war, also deutlich noch ein Jugendlicher, sprach nach Ansicht des Ausschusses erheblich gegen eine identifizierende Berichterstattung." Für "Bild" spricht sie jedoch nicht gegen die Kampagne, die die Zeitung nun gegen den Presserat gestartet hat.
Beim Presserat füllt sich der E-Mail-Posteingang nach dem "Bild"-Aufruf stetig, die Telefone kommen kaum noch zur Ruhe, sagte Oliver Schlappat, der Referent für Öffentlichkeitsarbeit, dem Tagesspiegel. Die Zusendungen und Telefonate sind teils sachlich, teils emotional. Für den Presserat ist es nicht das erste Mal, dass "Bild" auf eine Rüge mit einer Kampagne reagiert. In einem anderen Fall hatte der für Ethikfragen zuständige Ausschuss eine Rüge ausgesprochen, weil das Foto eines Kinderschänders unverfremdet abgedruckt worden war. Für ein direkte Reaktion auf die "Bild"-Kampagne sieht der Presserat keine Veranlassung. Vielmehr wird die Erklärung, aus der hier im Text bereits zitiert wurde, öffentlich zugänglich gemacht.
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