Homepage: Bilder einer Behörde
Das Einstein Forum zeigt Fotografien von Andreas Magdanz aus dem BND-Standort Pullach
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Fast läuft man an ihnen vorbei. Achtlos, vielleicht nur ein kurzer Blick. Bis zu dem Bild mit der P 2000 von Heckler und Koch. Diese Inszenierung einer Schusswaffe verstört. Da liegt die halbautomatische Pistole auf weißem Grund, ein Magazin und 14 Patronen daneben. Eine Werbeagentur hätte diese Waffe nicht besser stilisieren können. Doch handelt es sich nicht um Werbung. Es ist ein Bild des Fotografen Andreas Magdanz, das er am Standort des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Pullach bei München gemacht hat.
In der Zeitung hatte Magdanz vom geplanten Umzug des Auslandsnachrichtendienstes BND von Pullach nach Berlin gelesen. Er sah die Chance, hinter die Kulissen einer Institution zu schauen, die um ihre Arbeit ein einziges, großes Geheimnis macht, sagte Magdanz kürzlich bei der Eröffnung der Ausstellung „BND-Standort Pullach“ mit 14 Großformatfotografien im Einstein Forum.
Eine anderthalbjährige Vorbereitungszeit ging dem voraus. Sechs Monate haben Mitarbeiter vom BND Magdanz und seine Familie und Bekannte genauestens überprüft. Dann aber, im August 2005, öffneten sich die Tore des 68 Hektar großen Standortes in Pullach mit seinen über 3500 Mitarbeitern für Magdanz und seine Kamera. Sechs Monate blieb er vor Ort, konnte jeden Raum betreten. Auch das Herz des Standortes, das Informationszentrum mit den Hightechcomputern, zu dem nur 30 Personen eine Zugangsberechtigung haben. Natürlich konnte er nie spontan eines der wichtigen Gebäude für seine Fotografien aufsuchen. „Immer nur mit Voranmeldung“, sagte Magdanz. So hat er sich an dem Standort abgearbeitet, von Gebäude zu Gebäude, von Straße zu Straße, insgesamt 500 Fotos gemacht, von denen kein einziges durch den BND einbehalten wurde. Er hat die Zeit gebraucht, um sich auch von seinen Klischeevorstellungen zu lösen, die so ein geheimnisumwitterter Ort mit sich bringt. Was die vorwiegend Schwarzweißfotografien zeigen, ist die Banalität eines Mythos, der vom Agenten mit Schlapphut und den halsbrecherischen James-Bond-Filmen lebt.
Doch was können die Bilder von Magdanz wirklich zeigen? Menschen sind darauf nicht zu finden. Straßen, Türen, Flure, Büro-, Beratungs- und Bunkerräume, Waffen im Detail – es sind Bilder einer Behörde, die erst durch die Zuweisung „BND-Standort Pullach“ eine gewisse Brisanz erfahren. Doch wie der Kunsthistoriker Christoph Schaden im Gespräch mit Magdanz feststellte, handelt es sich bei diesen Bildern um einen „kontrollierten Kontrollverlust“, den sich der BND gegönnt hat. Denn wer mag bezweifeln, dass ein Auslandsnachrichtendienst mehr preisgeben würde, als ihm nur gerade recht sein kann. Und was können Gebäude schon über einen Geheimdienst aussagen?
Die Frage nach der Instrumentalisierung wurde Magdanz auch gestellt. Er wisse zwar, dass man davor nie gefeit sei, doch habe er sich in den sechs Monaten in Pullach nie angebiedert, so seine Antwort. Trotzdem bleibt beim Betrachten dieser besonderen Bilder immer die Frage im Hinterkopf, was der BND mit dieser Fotoserie bezweckt haben könnte. Ein Mythos ist entzaubert, und er lebt weiter. Dirk Becker
Die Ausstellung „BND-Standort Pullach“ ist im Einstein Forum, Am Neuen Markt 7, bis zum 8. Juli, jeweils montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Dirk Becker
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