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Sport: Bis zuletzt nicht aufgegeben

Turbine Potsdam verlor beim FFC Frankfurt 2:3 und den UEFA-Cup, ging aber erhobenen Hauptes vom Platz

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Am Ende gingen sie erhobenen Hauptes vom Platz. Natürlich waren Potsdams Turbine-Kickerinnen am Sonnabend zunächst sichtlich enttäuscht, nachdem sie das UEFA-Cup-Final-Rückspiel beim 1. FFC Frankfurt mit 2:3 (2:1) verloren hatten und damit den im Vorjahr erkämpften Europapokal in „Mainhattan“ lassen mussten. Da war schon die eine oder andere Träne zu trocknen. Schnell aber hatten sich die „Torbienen“ wieder gefangen. Während die Hessinnen vor Glückseligkeit über den erneuten Einzug ins internationale Fußball-Geschäft im Kreis tanzten und eine Ehrenrunde drehten, trabten die Verliererinnen – als Deutscher Meister in der nächsten Saison ebenfalls wieder im UEFA-Cup dabei – zu ihrer mitgereisten Fan-Kolonie, um ihr für die lautstarke Unterstützung zu danken. Und ehe Bundeskanzlerin Angela Merkel („Das Spiel war beste Werbung für den Frauenfußball“) die europäische Krone an Frankfurt übergab, gratulierten die Potsdamerinnen ihren Bezwingerinnen. Da gab es manch freundschaftlichen Klaps zu sehen, gar die eine und andere längere Umarmung wie zwischen den beiden Torwächterinnen Nadine Angerer und Ursula Holl.

„Warum denn nicht, privat verstehen ich mich mit Ursula sehr gut“, meinte später Turbines Nadine Angerer, die zu den auffälligsten Spielerinnen des Samstagnachmittags gehörte: Mit zahlreichen Glanzparaden vereitelte sie vor 13 200 Zuschauern (deutscher Vereins- und UEFA- Cup-Rekord der Frauen) im Stadion am Bornheimer Hang und vor über fünf Millionen TV-Augenzeugen weitere Frankfurter Großchancen. „Nadse hat heute sehr gut gehalten“, anerkannte später auch Birgit Prinz, die mit ihrem Tor in der Nachspielzeit ihr Privatduell mit Angerer doch noch für sich entschied.

Aber der Reihe nach: Turbine beließ es nicht bei der verbalen Ankündigung, das 0:4 aus dem Hinspiel noch wettmachen zu wollen, sondern kämpfte. Inken Becher kümmerte sich um Kerstin Garefrekes, Babett Peter neutralisierte Renate Lingor in beachtlicher Manier, Jennifer Zietz war bemüht, Prinz an die Kette zu legen, musste sich durch ihre frühe Gelbe Karte (5.) aber zurückhalten. Und es waren gerade mal sieben Minuten gespielt, als Peter im Mittelfeld Nia Künzer den Ball abnahm und links Conny Pohlers bediente. Deren lan- ge Flanke nach rechts erwischte Anja Mittag, und ihren Pass vors Frankfurter Tor stocherte Pohlers, assistiert von Petra Wimbersky, im zweiten Versuch über die Torlinie – 0:1 (8.)! Kurz darauf strich ein Wimbersky-Schuss von links nur knapp über die Querlatte (12.), ehe die Gastgeberinnen durch einen sehenswerten Kopfball von Steffi Jones unter Potsdams Querlatte ausglichen (25.). Doch Turbine meldete sich erneut zurück: Peters schlug den Ball von halbrechts vors Tor, und erneut Pohlers spitzelte ihn flach von links zum 1:2 in die lange rechte Ecke (36.). Auf der anderen Seite rettete Angerer in Klasse- Manier gegen Künzer (26.) und Sandra Smisek (38.).

Nach dem Seitenwechsel mussten Inken Becher – bis dahin auf der linken Mittelfeldseite eingesetzt – und Britta Carlson in der Kabine bleiben. „Carlson konnte mit ihrem lädierten rechten Knie nicht mehr, auch bei Becher war die Substanz runter“, erklärte später Trainer Bernd Schröder dazu. Für sie kamen mit Isabel Kerschowski und Cristiane zwei Offensivspielerinnen. Das war zwar gut für den brasilianischen Sender Globo-TV, der die Partie extra wegen Cristiane in die Heimat übertrug – dem Potsdamer Spiel bekamen die Wechsel aber nicht. Die Ordnung ging verloren, der bis dato offene Schlagabtausch mutierte zur Frankfurter Dominanz, zumal Turbine die letzte halbe Stunde nur zu zehnt bestritt: Peter musste nach wiederholtem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Feld (64.). Trotzdem spielten die Gäste weiter unverdrossen nach vorn, während hinten Angerer prächtig gegen Prinz (47., 68., 79., 83.) und Smisek (58.) klärte. Machtlos war die Schlussfrau aber beim 2:2: Lingor traf vom Elfmeterpunkt (73.), nachdem Omilade im Strafraum Smisek touchiert hatte. Cristianes Kopfball knapp neben den rechten Pfosten (84.) war Potsdams einzig nennenswerte Chance in Halbzeit zwei, die mit dem Prinz-Siegtor in der Nachspielzeit (90.+2) endete.

„Ich ärgere mich nur über das dritte Gegentor, alles andere war okay“, meinte später Coach Schröder. „Ich muss unsere Mannschaft loben. Mit der Einstellung und Zuordnung wie heute hätten wir das Hinspiel in Potsdam gewonnen.“ Auch die zweifache Torschützin Conny Pohlers zeigte sich keineswegs am Boden: „Ich bin trotz der Niederlage zufrieden und superstolz auf meine Mannschaft. Den UEFA- Cup haben wir schon im Hinspiel in Potsdam verloren. Aber Turbinen geben nie auf, das hat man heute gesehen.“ Und „Kaiser“ Franz Beckenbauer übermittelte via ZDF aus Freiburg: „Potsdam sollte sich nicht grämen.“

Während die Frankfurterinnen noch im VIP-Raum den Sieg bejubelten und ihrem Manager Siegfried Dietrich eine Glatze rasierten – wobei auch DFB-Präsident Theo Zwanziger höchstpersönlich Hand angelegt haben soll –, feierten die Potsdamerinnen zunächst intern in ihrem Mannschaftshotel „Relexa“. Später traf ein Teil von ihnen erneut auf frisch gebackene UEFA-Cup-Siegerinnen – um nun mit ihnen an der Bar auf eine für beide Seiten erfolgreiche Saison anzustoßen.

Turbine: Angerer; Carlson (46. Cristiane), Hingst, Kuznik; Omilade, Zietz, Peter, Becher (46. I. Kerschowski); Wimbersky (80. M. Kerschowski), Pohlers, Mittag.

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