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Neue Erkenntnisse. Anne Brockhoff hat unbekannte Prinzipien aufgeklärt.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Bittere Freude

Anne Brockhoff hat für die Erforschung des Bittergeschmacks gestern den Potsdamer Nachwuchswissenschaftler-Preis erhalten

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Diesmal hat es funktioniert. Anne Brockhoff, die am Freitagabend zum Einsteintag den Potsdamer Nachwuchswissenschaftler-Preis erhalten hat, will zumindest in den kommenden zwei Jahren in Potsdam bleiben. So lange läuft noch ihr Vertrag am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Bergholz-Rehbrücke. Mit dem seit vier Jahren vergebenen Preis möchte die Landeshauptstadt auch junge Fachkräfte an die Stadt binden, wie Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) erklärte. Bei den vorherigen Preisträgern hatte das nicht ganz gepasst, nutzten die doch die 5000 Euro Preisgeld für Reisen zu ihrer neuen Arbeitsstelle im Ausland, oder waren bereits gar nicht mehr im Lande.

Anne Brockhoff ist da bodenständiger. Sie hat sich erst einmal erkundigt, wie das Geld versteuert wird. Dann hat sie entschieden, davon mit ihren Kollegen zu feiern und in den Urlaub zu fahren. Die 31-jährige Ernährungsforscherin aus Thüringen forscht seit 2003 am DIfE. Auf ihr Thema, den Bittergeschmack, sei sie eher zufällig gestoßen. Doch schnell hatte sie daran so großen Gefallen gefunden, dass sie zu dem Thema 2009 an der Universität Potsdam ihre Promotion mit Bestnote abschloss – und nebenbei für die Forschung ganz neue Ergebnisse vorlegte. Sie konnte zeigen, dass die bis zu 60 000 verschiedenen bitter schmeckenden Substanzen von gerade mal zwei Dutzend Rezeptoren auf der Zunge erfasst werden. Einen davon hat sie für ihre Forschung identifiziert. Die grundlegende Frage dabei ist, inwieweit der Bittergeschmack die Ernährung und damit auch die Gesundheit beeinflusst.

Eigentlich warnt der bittere Geschmack den Menschen vor giftigen Substanzen. Doch auch hier macht die Dosis das Gift. Und so können bittere Substanzen durchaus auch gesundheitsfördernd sein, etwa in Bitterschokolade, Kohl oder Radicchio-Salat. Anne Brockhoff arbeitet unter anderem mit Wermutpflanzen aus Italien, deren Essenz auch in Kräuterschnäpsen enthalten ist. Sie betreibt Grundlagenforschung, untersucht die molekularen Mechanismen die dem bitteren Geschmack von Lebensmitteln aber auch Medikamenten zu Grunde liegen.

Dabei gibt es auch Ergebnisse für die Praxis. So arbeitet die jungen Forscherin beispielsweise an bislang vergeblich gesuchten Bitterblockern. Das dürfte die Lebensmittel- und Pharmaindustrie interessieren, etwa wenn Süßstoffe in Lebensmitteln oder Medizin zu bitter schmecken. Dass damit noch mehr künstliche Zusatzstoffe in die Nahrung kommen, kann Anne Brockhoff entkräften. Da der Trend zu natürlichen Inhaltsstoffen gehe, habe sie auch nach solchen gesucht.

„Anne Brockhoff hat erfolgreich auf molekularer Ebene bislang weitestgehend unbekannte Prinzipien aufgeklärt, wie Bitterstoffe Geschmacksrezeptoren aktivieren und der Wissenschaft tiefe Einsichten in die Funktionsweise der Geschmacksrezeptoren gegeben“, so die Preis-Jury. Die Forscherin war aus Jena eigens wegen des DIfE nach Potsdam gekommen. Dass das Institut jenseits der Stadtgrenze in Bergholz-Rehbrücke liegt, stört den Preisgeber nicht weiter. „Was die Wissenschaft betrifft, haben wir Rehbrücke einfach eingemeindet“, so Jakobs. Jan Kixmüller

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