
© Andreas Klaer
Von Klaus Büstrin: Blauer See und Blau des Himmels „Wanderungen“ mit Theodor Fontane auf dem Schwielowsee und an seinem Ufer
Der Schwielowsee: „Unter all unsren Seen kommt er dem Müggelsee am nächsten. An Fläche und Ausdehnung diesem Könige der märkischen Gewässer nah verwandt, weicht er im Charakter doch völlig von ihm ab.
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Der Schwielowsee: „Unter all unsren Seen kommt er dem Müggelsee am nächsten. An Fläche und Ausdehnung diesem Könige der märkischen Gewässer nah verwandt, weicht er im Charakter doch völlig von ihm ab. Der Müggel ist tief, finster, tückisch der Schwielow ist breit, behaglich, sonnig und hat die Gutmütigkeit aller breit angelegten Naturen aber wie alle gutmütigen Naturen kann er heftig werden, plötzlich beinahe unmotiviert, und dann ist er unberechenbar.“
Kein anderer als Theodor Fontane beschrieb so den Schwielowsee. Mit ihm wurde er in besonderer Weise im Sommer 1869 bekannt. Die drei Söhne des Caputher Fährmanns übernahmen Segel und Steuer und der Potsdamer Garnisonschullehrer den „aufklärerischen Teil“ der Fahrt. In seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ hat Fontane seine Erlebnisse aufgeschrieben. Natürlich auch seine Eindrücke von Caputh. Dem schweren Leben der Dorfbewohner stellte er die heiteren Tage gegenüber, die der Große Kurfürst mit seiner zweiten Frau Dorothea im Schloss verbrachte. Sein Sohn Friedrich, erster König in Preußen, ließ das bescheidene Schloss in ein „kleines märkische Juwel“ ausbauen. Als Fontane bei seinem Besuch nach Besichtigung des Schlosses auf die Freitreppe hinaus trat und „einen unbehinderten Blick auf das weite Wasserpanorama“ hatte, „schwamm eine ganze Flotille von Havelkähnen heran, und am Horizonte stand in scharfen Linien steif-grenadierhaft die Garnisonkirche von Potsdam “ Heute kann man vom Vestibül des sanierten und restaurierten Schlosses aus ebenfalls die Landeshauptstadt mit der Kuppel der Nikolaikirche erblicken.
Erstaunlicherweise erwähnte Theodor Fontane aber die Caputher Dorfkirche nicht, die damals noch ziemlich neu war. Sie ist eine Nachempfindung einer frühchristlichen Basilika, von denen es in Potsdam und Umgebung mehrere zu finden sind. Der Architekt Friedrich August Stüler baute sie im Auftrage des „Romantikers auf dem Thron“, König Friedrich Wilhelm IV. Fontane hegte große Sympathien zu den architektonischen Plänen und Landschaftgestaltungen des Monarchen. Doch auch Kritik kam von ihm, weil alles Historische, was sich in den alten Kirchen vorfand, meist als Gerümpel beseitigt“ wurde. Die Kirche in Caputh wurde nach der Wende restauriert, sie erhielt wieder eine klangvolle Orgel und die Kirchengemeinde weihte im vergangenen Jahr ein ansehnliches Zentrum neben dem Gotteshaus ein.
Auch Petzow mit seinem Schloss- und Parkareal liegt am Schwielowsee. Schinkel und Lenné sind ihre Schöpfer. Die Kirche auf dem Hügel wurde von Schinkel auf Geheiß Friedrich Wilhelm IV. entworfen und von Stüler gebaut. Fontane warb für die Besteigung des Kirchturms: „Denn von dort oben hat man einen herrlichen Ausblick: Die Havel und der Schwielow, durch Landzungen und Verschiebungen in zahlreiche blaue Flächen zerschnitten, tauchen in der Nähe und Ferne auf und dehnen sich bis an den Horizont. Wo sie mit dem Blau des Himmels zusammenfließen.“ Nach einer langen Zeit desolaten Zustands wurde die Kirche 1994 wieder eröffnet, nunmehr restauriert. Sie gehört heute der Stadt Werder und ist ein kulturelles Zentrum, in dem aber auch Gottesdienste stattfinden können.
Baumgartenbrück sah der „märkische Wanderer“ als eine „Brühlsche Terrasse“. „Bastionartig springt ein mit Linden und Kastanien dicht bestandener Uferwall in den See hinein, und so viele Bäume, so viele Umrahmungen eines von Baum zu Baum wechselnden Panoramas. Welche Reihenfolge entzückender Bilder!“, schwärmt Fontane im Sommer 1869 von Baumgartenbrück. Schon damals gab es dort einen Gasthof, der noch heute im Besitz der Familie Hermann ist. Eine kleine Ausstellung erzählt von den einstigen Gästen, die im Gasthof eine Ruhepause einlegten, die Maler Karl Hagemeister, Theodor von Brockhusen oder Siegwart Sprotte.
„Etwa tausend Schritt hinter Baumgartenbrück, und zwar landeinwärts, liegt Alt-Geltow“, teilte Fontane in seinen „Wanderungen“ dem Leser mit. Und stellte fest: „Geltow war immer arm; dieser Charakter verblieb ihm durch alle Zeiten hin.“ Die schlichte alte Dorfkirche hat der Dichter bei seinem Besuch Ende der sechziger Jahre noch gekannt, 17 Jahre später wurde sie wegen Baufälligkeit abgerissen. 1887 wurde eine neue im neugotischen Stil eingeweiht. Vor einigen Jahren hat man die Geltower Kirche saniert. Die Gemeinde gehört heute zur Region Potsdam-West des Kirchenkreises, in der auch die Erlöserkirche mit von der Partie ist.
Werder lag Fontane besonders am Herzen. Er war nicht nur von den Knupperkirschen („Kirschen wie ein Mädchenmund“) angetan. Auch von der „in dem klaren Wasser sich spiegelnde gotische Kirche Um sie herum ein dichter Häuserkranz: Stadt Werder“. Der Dichter lobte sie besonders als „Landschaftsdekoration“, aus der Nähe betrachtet musste der „spitzenreiche“ neugotische Bau aber einige Beanstandungen über sich ergehen lassen. Auch hierbei wirkte König Friedrich Wilhelm IV. stilbildend. Als das interessanteste Kunstwerk des Gotteshauses galt für Fontane das Gemälde „Christus als Apotheker“: „Christus steht an einem Dispensiertisch, eine Apothekerwaage in der Hand. Vor ihm wohlgeordnet stehen acht Büchsen, die auf ihren Schildern folgende Inschriften tragen. Gnade, Hilfe, Liebe, Geduld, Friede, Beständigkeit, Hoffnung, Glauben. Die Büchse mit dem ,Glauben‘ ist die weitaus größte In Front der Büchsen liegt ein geöffneter Sack mit ,Kreuzwurz‘. Aus ihm hat Christus soeben eine Handvoll genommen, um die Waage, in deren schale die ,Schuld‘ liegt, wieder in Balance zu bringen.“
Der Schwielowsee und seine Orte sind eine Entdeckungsreise – mit Fontane, doch auch mit eigenen Augen.
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