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Landeshauptstadt: Bleich gegen die Bundesrepublik

Pilotverfahren: Potsdamer Radaropfer klagt beim Bundesgerichtshof / Verhandlung am Donnerstag

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Die Pressestelle hatte gestern um 12 Uhr Feierabend – weil Faschingszeit ist. Aber er könne bestätigen, so der Mann von der Telefonzentrale des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe, im Verhandlungsplan stehe für den morgigen Donnerstag, den 7. Februar, für 11 Uhr die Zeile: „Dr. Bleich gegen die Bundesrepublik“.

Karl-Heinz Bleich aus Potsdam hat die Bundesrepublik, genauer, das Verteidigungsministerium, auf Schadenersatz und Schmerzensgeld infolge der während seines Armeedienstes erlittenen gesundheitlichen Schäden verklagt. Allerdings hat Bleich nicht in der Bundeswehr sondern in der Nationalen Volksarmee (NVA) gedient, der DDR-Armee. 1962 war er erstmals und „unfreiwillig“, wie er sagt, als studierter Elektroniker zum Reserve-Dienst an Radarstationen der NVA eingezogen worden. 1964 folgte ein Kollaps nach einem „akuten Strahlenschaden“, wie Ärzte damals feststellten. Noch heute leidet Bleich an gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die er auf seinen Umgang mit der NVA-Radartechnik und der von den Anlagen ausgesendeten elektromagnetischen sowie Röntgenstrahlung zurückführt. Wie Bleichs Potsdamer Anwalt Christian Hormann den PNN gestern erklärte, hat das Landgericht Frankfurt/Oder und das Brandenburgische Oberlandesgericht die Schadensersatzklagen Bleichs jeweils zurückgewiesen, weil die Bundesrepublik nicht für in der DDR erlittene Schäden und somit auch nicht für die NVA-Radaropfer hafte. In der Revision hat das Oberlandesgericht die Klage dann nach Karlsruhe an den BGH verwiesen. Dass das oberste Gericht der Bundesrepublik im Bereich des Zivil- und Strafrechts für morgen eine mündliche Verhandlung anberaumt hat und somit „Erörterungsbedarf“ sehe, bezeichnet Hormann als „ein positives Signal“. Zu einer Art Pilotverfahren sei Bleich gegen die Bundesrepublik eher ungewollt geworden. Andere Verfahren von NVA-Radaropfern hätten sich nicht so schnell durch die Instanzen hindurch entschieden. Das zu erwartende Urteil des BGH werde Hormann zufolge „eine Ausstrahlungswirkung“ haben: Haftet die Bundesrepublik nicht, bestehe kaum noch eine Chance für die NVA-Radaropfer auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Haftet die Bundesrepublik doch für in der DDR erlittene Schäden, dann hätten die NVA-Radaropfer „eine andere Position gegenüber dem Verteidigungsministerium“. Hormann: Es wäre dann „ein Sieg für die Opfer“. Eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums wollte sich gestern nicht „zum laufenden Verfahren“ äußern. Guido Berg

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