Landeshauptstadt: Blitzer als Abzocke?
Diskussion bei der Verkehrswacht / Mehr Unfälle
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Abzocke. Dieses Wort hört Günter Schmidt häufig. Er ist Bereichsleiter für Verkehrsdienste im Schutzbereich Potsdam. In seiner Funktion als oberster Verkehrspolizist der Stadt soll er an diesem Montagabend vor den Besuchern der Potsdamer Verkehrswacht sprechen. Das Thema besitzt hohes Reizpotenzial: „Geschwindigkeitsmessungen auf unseren Straßen – Sanktionen gegen Raser oder Abzocke?“ Viele der Besucher, so ist deutlich zu merken, haben die Wahl schon getroffen: Sie fühlen sich ungerecht behandelt. Günter Schmidt muss sich erklären.
Er argumentiert mit der Pflicht der Polizei, die von Politikern erlassenen Gesetze im Straßenverkehr umzusetzen – und mit wieder steigenden Unfallzahlen. „Wir müssen flächendeckend eine Unsicherheit erzeugen, dass überall kontrolliert werden kann“, sagt Schmidt. So würden die Straßen sicherer.
In der Tat steigen die Unfallzahlen in Potsdam. Zwischen Januar und August 2006 gab es im Schutzbereich 3706 Unfälle, im Stadtgebiet 2763. Dies sind rund zehn Prozent mehr als im selben Vorjahreszeitraum: Damals gab es 3332 Unfälle im Schutzbereich, davon 2471in Potsdam. Die Zahlen stammen aus der Polizeistatistik. Danach ist auch die Zahl der Verletzten bei solchen Unfällen von 440 auf 485 gestiegen. Die Zahl der Unfalltoten stieg im Vergleichszeitraum von zwei auf vier Personen. „Hauptunfallursache waren Vorfahrtsfehler“, so gestern eine Polizeisprecherin. Deutlich um rund 70 Prozent gesunken seien allerdings Unfälle, bei denen zu hohe Geschwindigkeit die Ursache gewesen sei.
Schmidt sieht sich durch solche Zahlen in seiner Blitz-Strategie bestätigt. Über 50 Polizisten könne er verfügen, die nicht nur blitzen würden, sondern auch vielfältige andere Aufgaben wahrnehmen müssten. „Da muss man Prioritäten setzen.“ Ein anderer Polizist vor Ort – er zeigt den Besuchern, wie etwa eine Laserpistole funktioniert – spricht von einer weiteren Schwierigkeit: Da digitale Technik fehle, seien viele Fotos nicht scharf genug. Einer der Besucher hat für all solche Dinge Verständnis, sagt er – und schimpft. Auf der Ribbeckstraße beim Bornstedter Feld sei er schon nachts geblitzt worden, mitten im verkehrsberuhigten Bereich, wo keine Gefahr drohe: Dies sei Abzocke. „Nein“, entgegnet Schmidt, „in diesem Fall geht es darum, dass zu schnelles Fahren für die Anwohner zu laut ist.“ Henri Kramer
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