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Landeshauptstadt: Bloß nicht konservieren

In der Villa Kellermann wurde über Potsdams Kulturmarketing diskutiert

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Berliner Vorstadt - Zu später Stunde sprudeln die Ideen. Es ist nach 23 Uhr am Mittwoch im Kaminzimmer der Villa Kellermann am Heiligen See. Seit über zwei Stunden sitzen Mitglieder des Salon e.V. mit Birgit-Katharine Seemann, Fachbereichsleiterin Kultur und Museum in der Stadtverwaltung, zusammen und diskutieren über ein Kulturmarketing für Potsdam. Als Maximilian Dreier, Vorsitzender des Salon e.V. und Gastronom der Villa Kellermann, zum Abschluss der offiziellen Gesprächsrunde „Statements“ von den 14 Gästen einfordert, übernimmt Kreativität den Raum.

„Potsdam ist ein Spiel, eine verrückte Geschichte“, sagt Hermann Voesgen, Professor für Kulturarbeit an der Fachhochschule Potsdam und wie Birgit-Katharine Seemann Gast in der Runde. Ob Alexandrowka, Sanssouci oder das Holländische Viertel, in dieser Stadt sei alles „von vorn bis hinten geklaut“. Voesgen versteht das nicht als Manko, sondern als Chance. Er spricht sich gegen die Tendenz aus, das Historische in der Stadt nur zu konservieren. „Geschichte muss benutzt werden, um die Stadt besser zu vermarkten.“ Dann wird ein Slogan in die Runde gerufen. „Potsdam. Rührt Euch.“ Fast im Scherz. Doch die Idee wird für gut befunden. Das „Rührt Euch“ dürfe aber nicht mit einem Ausrufungszeichen enden, sondern mit drei Punkten. „Potsdam. Rührt Euch ...“, so würde das Traditionelle mit der Zukunft in Form einer Aufforderung verbunden. Wie der Salon e.V. am Mittwoch deutlich zeigte: Wer über das Kulturmarketing in Potsdam reden will, kommt auch an einer Diskussion über das Stadtmarketing nicht vorbei.

Im Rahmen der Bewerbung Potsdams um den Titel Kulturhauptstadt 2010 wurde der Salon e.V. als private Initiative im Jahr 2005 gegründet, um durch Veranstaltungen, Theater, Literatur, Bildende Kunst und Musik zu unterstützen. Alles ohne öffentliche Förderung. Daneben hat sich ein regelmäßiges Treffen der Mitglieder etabliert, wo über aktuelle Entwicklungen in der Stadt diskutiert wird. Nun war Birgit-Katharine Seemann gekommen, um über das geplante Kulturmarketing zu sprechen.

Ab 2008 sollen zwei Mitarbeiter aus der Kulturverwaltung dafür sorgen, dass die Kultur in der Stadt besser nach innen vernetzt und nach außen erfolgreich vermarktet wird. Dafür steht, wenn der städtische Haushalt es zulässt, ein Jahresetat von 86 000 Euro zur Verfügung. „Ich weiß, dass dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann“, sagt Birgit-Katharine Seemann. Doch sei es für sie wichtiger, schon jetzt, wenn auch mit kleinen Schritten, voranzugehen, statt weiterhin nur jahrelang zu diskutieren über das Ob und das Wie.

Maximilian Dreier betonte, dass ein Kulturmarketing nur dann erfolgreich sein kann, wenn alle daran mitwirken – auch private Initiativen, die aus Ärger über eine unfähige oder untätige Verwaltung selbst tätig wurden. Nur so sei es möglich, die entsprechenden notwendigen Verbindungen zwischen Wirtschaft und Kultur herzustellen. Auch mehr Experimente wurden gefordert. Dabei brauche man nur auf das große Potenzial in dieser Stadt zurückzugreifen. An entsprechender Kreativität mangelt es nicht, wie Birgit-Katharine Seemann im Salon e.V. erleben konnte. Doch leider sind spontane Besuche von Verwaltungsmitarbeitern in solchen Runden die Seltenheit. Dabei helfen sie, die Augen auch für andere Perspektiven zu öffnen.

Dirk Becker

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