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Landeshauptstadt: Blühende Bäume auf Tastendruck

Das Hasso-Plattner- Institut wurde gestern zum Ort der Ideen gekürt. Ideen kommen von den Studierenden.

Stand:

Man stelle sich einen Chirurgen vor, der während einer Operation feststellt, dass der Befund des Patienten nicht mit dessen tatsächlichem Gesundheitszustand überein stimmt. Um weiter operieren zu können, müsste er die Röntgenbilder noch einmal einsehen, eventuell sogar einen Kollegen zu Rate ziehen. Mit blutigen Handschuhen nun den OP-Computer zu bedienen oder gar zum Telefon zu greifen ist aus Gründen der Hygiene undenkbar. Hier braucht es einer neuen Idee. Ein Team von sechs Studierenden des Hasso-Plattner-Instituts für Softwaresystemtechnik (HPI) hat nun eine Sprachsteuerung für OP-Computer entwickelt. Sie soll es dem Chirurgen ermöglichen, während der laufenden Operation Videokonferenzen mit Kollegen zu führen, Daten abzurufen oder auch das Protokoll zu diktieren.

Gestern wurde diese Idee neben sieben anderen Projekten von Bachelor-Studierenden des HPI präsentiert. Das alljährliche „Bachelor-Podium“ des renommierten Instituts in Griebnitzsee fand diesmal im Rahmen der WM-Kampagne „Land der Ideen“ statt. An 365 Tagen in diesem Jahr stellt Deutschland den ausländischen Gästen der Fußballweltmeisterschaft Ideen und Innovationen vor. Der Geschäftsführer der Kampagne, Mike de Vries, erklärte gestern in Potsdam, wieso das HPI dafür ausgewählt wurde: „Hier wird nicht nur abstraktes, theoretisches Wissen, sondern es werden auch konkrete, in der Praxis anwendbare Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, und die Studenten so optimal auf ihren Einstieg ins Berufsleben vorbereitet.“ Die Kampagne soll zeigen, dass es in Deutschland neben schlechten Nachrichten auch noch Hoffnung gibt. Der positive Verlauf der Aktion – der Land-der-Ideen-Reiseführer wurde bereits über 100 000 Mal verkauft – spreche dafür, in Zukunft ein Leitbild aus der Kampagne abzuleiten.

Indes zeigten die Bachelor-Studenten des HPI, welche Ideen in einem zweisemestrigen Projekt entstehen können. Die Bachelor-Projekte gehören zu den regulären Anforderungen des HPI-Studiums. Unter Anleitung der Professoren packen die Studierenden in eigener Verantwortung praktische Aufgaben aus der Wirtschaft an. Die Aufgabenstellungen sind von verschiedenen Unternehmen der IT-Branche an das Plattner-Institut herangetragen worden. Neben der Sprachsoftware für den OP-Saal stellten die Studierenden unter anderem eine Unternehmenssoftware vor, die sich selbst vor dem Einsatz auf Fehlerhaftigkeit prüfen kann. Ein anderes Projekt beschäftigte sich mit der Automatisierung von Geschäftsprozessen. „Wie bei den Menschen gibt es auch zwischen Computern Sprachbarrieren“, erläuterte HPI-Studentin Kathleen Haucke. Die eigens dafür entwickelte standardisierte Sprache „Business Process Execution Language“ (BPEL) wurde von dem Studenten-Team auf ihre Anwendungsfähigkeit überprüft.

Dreidimensionale Stadtpläne, die sich wie aus einem Baukasten verändern lassen, präsentierte der Student Christian Schubert für sein Team.Wie ein virtuelles Kamera-Auge schwenkt die Simulation über Potsdam, stoppt über dem wieder ausgehobenen Stadtkanal und zoomt hinunter in die Stadtflucht. Jetzt noch den englischen Befehl „trees“ eingeben und schon sprießen entlang des Wassers blühende Bäume. Noch eine Taste und das Wasser erhält eine natürliche Schattierung. Laternen, Parkbänke, Leitpfosten – aus dem Computerbaukasten lassen sich ganze Städte zusammenbauen. Ein schönes Spielzeug, das sicherlich auch seine Anwendung findet. Etwa, um Bürgerbeteiligungen für städtische Bauprojekte transparenter zu machen.

Allerdings zeigt sich gerade auch bei dieser Präsentation, wie sehr die hoch sensible Welt der IT-Systeme noch neuer Ideen bedarf. Da versteht sich der Video-Beamer nicht mit dem Laptop, da lässt das Bild minutenlang auf sich warten, dann ist es wieder der Ton, der nicht stimmt, und schließlich startet die Simulation erst nach drei Anläufen. Noch viel zu tun im Land der Ideen.

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