Von Kay Grimmer: Böhmisch-internationaler Grat
17. Weberfest lockte mit behutsamen Programmänderungen rund 12 000 Besucher
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Babelsberg – Es ist eines der schönsten Feste, sagt Herbert Aukthun, während er mit flinken Fingern die Weidenstöcke flicht. Der Korbmacher aus der Prignitz ist Stammgast beim Böhmischen Weberfest: „Bestimmt das zehnte Mal“, sei er mit seiner traditionellen Korbmacherwerkstatt auf dem Weberplatz, meint Aukthun am Sonntagmittag. Der Pritzwalker lernte einst das Handwerk, nie wieder hat es ihn losgelassen, sagt er. Nun tourt er mit Körben, Weidenstöcken und Ehefrau über Traditionsmärkte in Deutschland, doch „das Weberfest ist mir eins der liebsten“. Altes Handwerk werde hier seit langem geschätzt und bewahrt, „vor allem vom Publikum, das immer wieder stehenbleibt, interessiert ist, fragt und Tipps für eigene Korbflechtereien bekommen möchte“. Aber auch die Organisation achte stets darauf, dass sich althergebrachte Handwerkskunst präsentieren könne, lobt er die Veranstalter vom Kulturamt der Stadt und dem Förderverein Böhmisches Dorf Nowawes und Neuendorf e.V.
Die haben es quasi unbemerkt geschafft, sich behutsam zu verändern, zu verjüngen. Zwar ist die Organisatorin Bianka Peetz-Mühlstein vom städtischen Kulturmarketing nach wie vor an Bord des Weberfestes, doch die künstlerische Leitung lag in diesem Jahr, in dem das dreitägige Fest auf dem Weberplatz zum 17. Mal stattfand, in neuen, in gleich zwei Paar Händen. Kerstin Otto und Kris Rogers planten den kulturellen Teil des Fests. Internationaler und „neuer“ sollte das Programm werden. Das ist gelungen, auch wenn alteingesessene Besucher anfangs etwas überrascht waren, weil frühere Künstler nicht mehr im Programm auftauchten, dafür neue Namen zu lesen waren. „Aber die meisten waren schließlich sehr zufrieden, wenn sie die Künstler gesehen hatten“, glaubt Kerstin Otto. Auch Lara Delekat war zum ersten Mal auf dem Weberfest. Die Künstlerin war vor allem begeistert über das „große und vor allem kostenlose Kinderprogramm“. Das sei bei anderen Festen „die absolute Ausnahme“. Die gebürtige Tifliserin, die nun in Berlin lebt, lobte den „nicht kommerzialisierten Charakter“ des Fests. „Nur schade, dass nicht so viele böhmische Künstler zu entdecken sind“, so Delekat, die als Puppenspielerin La Bella Libella Kinder und Eltern verzückte.
Es wird die Gratwanderung für die nächsten Weberfeste sein, die richtige Mischung aus internationalen Künstlern und Handwerkern und traditionell böhmischen Angeboten zu finden, sagt auch Kristin Otto. Das kulinarische Angebot von böhmischen Knödeln bis zu tschechischem Schwarzbier stimmte wie in den Vorjahren, lobten viele Besucher. Insgesamt kamen 12 000 zum Fest, ebenso viele wie 2008 – trotz höherer Eintrittspreise. Und auch das neue Angebot, eine deutsch-tschechische Sonntagsmesse in der Babelsberger Friedrichskirche hatte 280 Besucher. Der bilinguale Gottesdienst fand nach 200 Jahren erstmals wieder statt. Vor zwei Jahrhunderten gehörte er zum regelmäßigen Angebot der evangelischen Gemeinde im Einzugskreis der böhmischen Weber. „Die Babelsberger Kirchgemeinde ist sehr interessiert, auch 2009 diesen besonderen Gottesdienst wieder stattfinden zu lassen“, sagt Peetz-Mühlstein.
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