Landeshauptstadt: Bolzen gegen Rechts
Mehr als 800 Sportler und Gäste setzten beim 4. Antirassistischen Stadionfest ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus im Fußball
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Mehr als 800 Sportler und Gäste setzten beim 4. Antirassistischen Stadionfest ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus im Fußball Babelsberg - Wenn Kollektivo eigentlich gegen Lilalaune spielen sollte, es aber nicht tut, weil Alt-Nowawes auf dem Platz steht, obwohl dessen Gegner aus Genua nicht angetreten ist, Alt-Nowawes also automatisch gewonnen hätte, und dieses Durcheinander eine geraume Zeit lang unbemerkt bestehen bleibt – dann würden die meisten das Wort „Chaos“ benutzen. Nicht so Jens Lüscher, dessen Stimme sich durchs Mikrofon quält, mit mittelmäßigen Erfolg versucht, gegen die laute Musik anzukommen und Alt-Nowawes vom Platz zu kriegen. Für ihn, den Mitorganisator des 4. Antirassistischen Stadionfestes, ist das Tohuwabohu „alles Standard“, wie er grinsend erklärt. Und bei 30 Mannschaften, die zu koordinieren sind, könne schon einmal das eine oder andere drunter und drüber gehen. Sowieso störte sich am Sonnabend daran niemand – die Gäste und Sportler, die sich im Karl-Liebknecht-Stadion versammelt hatten, spielten Fußball oder vergnügten sich anderweitig am Festprogramm mit Live-Musik, Bier- und Grillständen, Tauziehen, Kistenklettern, einem Fußball-Filmzelt und einer Hüpfburg. Doch mochte beim Stadionfest für die Anwesenden der Spaß im Vordergrund gestanden haben, der Anlass war ein ernster: Die Potsdamer Initiative „Der Ball ist bunt“ versucht seit dem Jahr 2000 eine breite Öffentlichkeit für die Probleme in deutschen Fußballstadien zu sensibilisieren. Fremdenfeindliche Verbalattacken während der Spiele der Oberliga Staffel Nord seien noch immer an der Tagesordnung, so Lüscher. Gerade die letzten Spiele des SV Babelsberg 03 hätten durch häufige rassistische Schmährufe gezeigt, dass das Problem rechter Hooligans aktueller denn je sei. Mit dem Stadionfest wollten der Babelsberger Sportverein und seine Fangemeinschaft daher ein Zeichen gegen rechtsradikale Randerscheinungen des Fußballs setzen und die Potsdamer aufrufen, auch ohne staatlich verordnete Initiative Nein zu Rassismus, Rechtsradikalismus und Faschismus zu sagen. Das Motto „Der Ball ist bunt“ solle die multikulturelle Vielfalt des deutschen Nationalsports ausdrücken. Mit den neben Potsdamer Fußballspielern angetretenen Mannschaften aus Italien, Spanien, Tschechien und Georgien und zweier Mannschaften Potsdamer Asylbewerber sei dies auch gelungen. Ging es bedingt durch Regen am Vormittag noch eher ruhig zu, gesellten sich später zu den etwa 300 Spielern mehr als 500 Gäste dazu. Angesichts des wechselhaften Wetters und des EM-Spiels am Abend, sei das Fest, das gegen 22 Uhr mit einer Feuershow ausklang, „sehr gut besucht“, stellte Lüscher fest. Fürs nächste Jahr plane man bereits das nächste Antirassistische Fest, gab der 31-Jährige Auskunft, allerdings müsse vor allem noch die Frage der Finanzierung geklärt werden. Matthias Oden
Matthias Oden
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