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Landeshauptstadt: Brandanschlag bremste Pendler aus

Kabelbrand kappte Potsdams Bahnverbindung nach Berlin. Bekennerschreiben von linksextremer Gruppe

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Hunderte Bahnreisende warteten am Donnerstagmorgen ratlos im Potsdamer Hauptbahnhof. Vor dem Infoschalter bildete sich eine Schlange. Menschen tippten nervös auf ihre Smartphones. Der Blick auf die blaue Anzeigentafel verhieß nichts Gutes: Der Zugverkehr der S-Bahnlinie 7 und der Regionalzüge zwischen Potsdam und Berlin sei unterbrochen, konnte man lesen. Der Grund sei Vandalismus an der Strecke, so eine Lautsprecherdurchsage. Später war auch von einem Feuerwehreinsatz die Rede.

Ursache des Pendler-Chaos war ein Brandanschlag auf einen Kabelschacht im Grunewald, wie die Polizei am Donnerstagvormittag mitteilte. Dadurch war es am frühen Morgen zu einer Störung im elektronischen Stellwerk in Berlin-Wannsee gekommen. Betroffen waren die S-Bahn und die Regionalzüge zwischen Potsdam und Berlin. Ein Lastwagenfahrer hatte das Feuer nach Polizeiangaben gegen 3.15 Uhr von der Autobahn aus gesehen und hatte die Feuerwehr alarmiert. Während der Löscharbeiten wurde die Avus in Richtung Berlin eine halbe Stunde gesperrt.

Am Vormittag bekannte sich die Gruppe „Vulkan Grimsvötn“ auf einer linksextremistischen Internetseite zu dem Brandanschlag. Die Selbstbezichtigung trug den Titel „Vom Grollen der Vulkane in den Metropolen: 1. Mai verlängert“. Dort waren auch bei vorangegangenen Anschlägen auf die Bahn Bekennerschreiben veröffentlicht worden. Tradition hat mittlerweile, dass sich die Täter nach isländischen Vulkanen benennen. Bei einem Anschlag nahe Ostkreuz im Jahr 2012 hatten sich die Täter den Namen Eyjafjallajökull gegeben, 2011 firmierten sie als Hekla.

Konkrete Verdächtige gab es am Donnerstag nicht. Der polizeiliche Staatsschutz übernahm die Ermittlungen. In dem Bekennertext begründet der Autor „Vulkan Grimsvötn“ die Tat mit der „sozial bewegten Situation im Süden Europas und auf anderen Kontinenten“, die sich von der gespannten Ruhe hierzulande nicht trennen lasse. Deshalb habe man den 1. Mai verlängert und an mehreren Orten im Südwesten Berlins den Zugverkehr „sowie in Teilen die Telekommunikation stillgelegt bzw. eingeschränkt“, heißt es dort. Von weiteren Anschlägen oder Versuchen war der Polizei jedoch vorerst nichts bekannt. Weiter hieß es in dem Schreiben, dass der Tatort bewusst in Zehlendorf gesucht wurde, um die „besseren Wohngegenden“ zu treffen.

Als Folge des Anschlags fuhr die S-Bahn im Pendelverkehr zwischen dem Potsdamer Hauptbahnhof und Wannsee. Von dort konnte die S1 nach Friedrichstraße genutzt werden, um die Sperrung zu umfahren. Gegen 7 Uhr richtete die S-Bahn einen Ersatzverkehr mit Bussen zwischen Wannsee und Messe-Süd ein.

Die Regionalexpresslinie 7 und die Regionalbahnen 21 und 22 waren unterbrochen und fuhren nur bis Wannsee bzw. in der Gegenrichtung bis Charlottenburg. Die Regionalexpresslinie 1 wurde ab Werder über Golm und Spandau nach Berlin umgeleitet. Die Fahrtzeit verlängerte sich jedoch um etwa eine halbe Stunde. Durch die Umleitungen kam es auch zu Verspätungen auf anderen Linien. Die Sperrung der Bahnstrecke dauerte am Abend an.

Die Bahnverbindung zwischen Potsdam und der Berliner Innenstadt ist eine der wichtigsten Pendlerstrecken der Region. Annähernd 14 000 Potsdamer arbeiten in Berlin. Umgekehrt zieht es etwa die gleiche Zahl Berliner zum Arbeiten in die brandenburgische Landeshauptstadt. Dazu kommen zahlreiche Studenten. Etwa jeder zweite der 24 300 Potsdamer Studenten wohnt in Berlin.

Im vergangenen Jahr erst wurden im Grunewald die Gleise und Oberleitungen der Regionalbahn erneuert und mehrere Brücken ersetzt. Die Sanierungsarbeiten kosteten insgesamt 36 Millionen Euro. Während der Bauarbeiten waren Fahrgäste auf die S-Bahnlinie 7 als Ersatz angewiesen. Häufig gab es Verspätungen. Seit Dezember wird auch die Strecke der S 7 schrittweise saniert.

Die S-Bahn hatte am Dienstag auch an anderen Stellen Probleme: Von 11 bis 16 Uhr fuhren die Züge der S25 ab Teltow nur im 20-Minuten-Takt. Ursache war hier eine Signalstörung. Auch auf der Ringbahn gab es erhebliche Störungen. Am Vormittag fuhren wegen einer Stellwerksstörung zeitweise keine Züge auf dem gesamten südlichen und westlichen Teil des S-Bahnrings. Bis in den Nachmittag gab es in der Folge Verspätungen.

Auch innerhalb Potsdams hakte es im öffentlichen Nahverkehr: Am späten Vormittag war auf der Heinrich-Mann-Allee eine Straßenbahn wegen eines technischen Defekts liegengeblieben. Die Trams stauten sich deshalb am Hauptbahnhof.

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