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Landeshauptstadt: Brautstrauß bleibt Brautstrauß

Im Blumenladen von Mutter und Sohn Kortyka gibt es Kleinigkeiten und Außergewöhnliches für Touristen. Stammkunden bestellen hier ihren Hochzeitsschmuck

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Heute ist ein Brautstrauß dran. Es ist ein Freitag kurz nach elf Uhr, Benjamin Kortyka sortiert weiße Ranunkeln und entfernt mithilfe eines weichen Stoffläppchens sekundenschnell überflüssige Blättchen und Triebe von den Strünken der Bartnelken. Auf dem Tisch liegen noch Staticen und Pfingstrosen, ihre rosa Köpfchen noch geschlossen, wie Miniatur-Kohlköpfe. „Das wird eine sommerliche Hochzeit“, sagt Benjamin Kortyka, Florist und gemeinsam mit seiner Mutter Diana Kortyka Inhaber des Ladens. „Zurzeit sind Wiesensträuße gefragt, alles aus Omas Garten“, sagt er und flicht ein zartes Kraut mit winzigen gänseblümchenartigen Korbblütlern in den Strauß.

Am Abend wird alles abgeholt, Samstag ist die Hochzeit. Im Spreewald, sagt Kortyka, die Stammgäste, ein junges Paar aus Potsdam, nehmen den Blumenschmuck selbst mit. Benjamin Kortyka freut das. Die Lage des Geschäfts in der Brandenburger Straße ist zwar ideal, aber nur von Laufkundschaft kann man dort auch nicht leben. Grundsätzlich sei die Branche ungeeignet zum Reichwerden, sagt der junge Mann. Die Handelsspanne sei zu gering, da müsse man sich schon etwas Besonderes, ein Alleinstellungsmerkmal, einfallen lassen. Denn wenn die Rosen einfach teurer würden, weil er den persönlichen Service, die umfangreiche Beratung auf den Preis aufschlagen würde, dann kauft sie keiner mehr, sagt Kortyka. „Und 50 Meter weiter ist der nächste Blumenladen.“

Und doch bleiben die Menschen vor den außergewöhnlichen, liebevoll aufgebauten Pflanzen und Gefäßen im Fenster und außen an der Hauswand stehen. Gingkobaum und Minzbüsche, Töpfe mit rankenden Walderdbeeren, Wasserhyazinthen im Bottich. Dazwischen kleinste Blumenarrangements in unterschiedlichsten Töpfen. Touristen kaufen hier gern Mitbringsel für den Gastgeber, oder etwas für zu Hause, eine besondere Pflanzschale, etwas für den heimischen Garten.

2005 kamen Mutter und Sohn in die Brandenburger, zuvor gab es Läden in der Heinrich-Mann-Allee und am S-Bahnhof Babelsberg. „Dort müsste neben der Ladentür noch ein Weinstock wachsen. Den haben wir gepflanzt und unser Nachfolger wollte ihn behalten.“ Im kommenden Jahr wird erneut ein Umzug fällig, vor den hohen Mieten werden sie in eine Seitenstraße flüchten, sagt Benjamin Kortyka.

Der 28-Jährige wuchs in den Beruf hinein, als Schulkind besuchte er oft die Mutter im Laden, später machte er bei ihr eine Lehre. Dass hier ein Mann bedient, in einem typischem Frauenberuf, darüber wundern sich durchaus einige Kunden, sagt er. Für ihn war es jedoch klar, dass er in den elterlichen Laden einsteigen will, nächstes Jahr beginnt er mit der Meisterausbildung. Später wird dennoch seine Freundin, die Lehrerin werden will, den größeren Teil des Familieneinkommens erwirtschaften, befürchtet er.

Damit der Laden läuft, will er sich keinem Trend unterwerfen, Nelken oder Gerbera, die kann er nicht mehr sehen, die gibts bei ihm nur auf Bestellung. Lieber holt er vom Großmarkt oder direkt von den Gärtnern all das, was die Saison hergibt. Die Tulpenzeit ist schon vorbei, jetzt gibt es beispielsweise Pfingstrosen und Levkojen. Rosen kommen derzeit noch aus Ekuador und Italien, erst in einigen Wochen holt er Freilandrosen aus Deutschland, Rosen, die prächtig aufblühen. „Blumen sollten aufgehen und lange halten, das ist mir wichtig“, sagt er. Wie die schönen Importierten aus Ekuador – leider eine Sorte mit wenig Duft. „Weggezüchtet, der Duft war wohl genetisch im Weg“, sagt er schulterzuckend.

Aber es gibt noch viel anderes, Kortyka hat ein Faible für exotische Pflanzen. Bananenblüten, feste, schwere Stängel, bei denen einer als Blickfang genügt. Kugelige gefüllte Protea, die südafrikanische Nationalblume, oder die Maus-Heliconia, eine Pflanze aus dem brasilianischen Dschungel mit braunen, fellartigen Blütengebilden. „Sieht aus wie ein überfahrener Fuchs“, sagt Kortyka trocken. In einem Zinkeimer gleich daneben stehen Bartnelken, die kleinen Bündel in braunes Packpapier gewickelt wie frisch aus dem Bauerngarten, und in einer Schüssel mit Feldsteinen schwimmen Rosenblüten.

„Ach guck mal, ist das schön“, seufzt ein kleines Mädchen, das mit seiner Mutter hereinkommt. Es ist schwer, in der Fülle des Dargebotenen zu fokussieren, zu entscheiden. Der Laden ist mit allerlei Dekoration aus Natur, Wald und Feld bestückt, hier Wurzelholz, dort ein Bund getrocknete Knöterichstämme. „Das ist nicht zum Verkauf, kann man ja nachmachen zu Hause, das Zeug wächst ja irre schnell“, sagt Kortyka. Trockenblumen, Moose, Gräser, sie hängen von der Decke an schmiedeeisernen Haken, sie liegen in den Emailleschüsseln eines alten Waschtisches – ein Erbstück der Oma. Im Regal eine alte Standuhr, die auch aus Omas Haushalt stammen könnte.

Mutter und Sohn, sie haben schon ungefähr denselben Geschmack, findet Benjamin Kortyka. Und letztlich sei es egal, welche seine eigene Lieblingsblume ist, die Kunden wissen nämlich meist genau, was sie wollen. Einige kommen bereits mit Vase oder Pflanzgefäß in den Laden, um sich etwas Passendes dafür auszusuchen. Er hat schon alte Küchensiebe bepflanzt, Tonkrüge, Holzkisten. Und einmal sei jemand mit einem Bundeswehrlederstiefel gekommen, der wurde mit Sommerblumen bestückt. „Ich glaube, das war für irgendeinen Oberst, der sich gerade einen Garten zugelegt hatte“, erinnert sich der Florist.

Blumen & Trendfloristik. Brandenburger Straße 7, Tel.: (0331) 200 299 20.

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