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Erinnerung an den Vater. Die drei Schack-Kinder Adolf Friedrich von Schack, Ilsabe von Schack und Hans Bertus von Schack beim Gedenken in der Bornstedter Kirche.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Briefe eines Todgeweihten

Der Potsdamer Soldat Graf von Schack gehörte zu den weniger bekannten Verschwörern des 20. Juli. In Bornstedt wurde an ihn erinnert

Von Sarah Kugler

Stand:

Mitten im Satz ist der letzte Brief an seine Frau vom 15. Januar 1945 abgebrochen. Adolf Friedrich Graf von Schack blieb keine Zeit mehr, ihn zu Ende zu schreiben – er wurde an diesem Tag hingerichtet.

Der Potsdamer Offizier war am 20. Juli 1944 an der „Operation Walküre“, dem gescheiterten Attentat auf Hitler unter Leitung von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, beteiligt. Dafür wurde er zum Tode verurteilt und in der Zuchtanstalt Brandenburg-Görden erschossen. Am Samstag wurde in der Bornstedter Kirche mit einem Gedenkgottesdienst an sein Leben erinnert. Zur Einstimmung las Klaus Büstrin aus „Stationen der Freiheit“ von Dietrich Bonhoeffer, dem wohl bekanntesten Theologen aus dem NS-Widerstand, der Organist Andreas Zacher spielte „Widerstand und Ergebung“ von Ludwig Walter. Der Kleinmachnower Komponist hatte dieses Stück extra für die Gedenkfeiern zum 20. Juli in Bornstedt komponiert. Die Uraufführung war 1988. Büstrin und Gesine Kerber stellten außerdem in einer Lesung abwechselnd Passagen aus dem Leben von Adolf Friedrich Graf von Schack dar.

Der Widerstandskämpfer wurde am 3. August 1888 in St. Goar am Rhein geboren. Er war der zweite Sohn von insgesamt fünf Kindern. Im Jahr 1909 trat er als Fahnenjunker in das zweite Garderegiment zu Fuß in Berlin ein. Im ersten Weltkrieg war er aktiver Soldat und wurde auch mehrmals verwundet. Nach dem Tod seines Vaters 1923 übernahm er das Familiengut und heiratete 1928 Else Dorothea Freiin von Werthern aus Thüringen. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges ließ sich von Schack in Potsdam als Soldat reaktivieren. 1941 wurde er zum Chef der Heeresarchive in Potsdam versetzt, die Familie zog mit um. Im Januar 1944 wurde von Schack, der inzwischen zum Major befördert worden war, zur Stadtkommandantur von Berlin versetzt. Dort war er Leiter der Organisationsabteilung und wurde vom Berliner Wehrmachtskommandanten Generalleutnant Paul von Hase in die Umsturzpläne gegen Hitler mit einbezogen. Am 20. Juli 1944 war er angeblich an der Weiterleitung von Befehlen zur Ausführung der „Operation Walküre“ beteiligt. Ob er tatsächlich in die Pläne eingeweiht war, ist bis heute unsicher. Am 21. Juli 1944 wurde von Schack festgenommen. Der Hauptbelastungspunkt während des Prozesses am Volkgerichtshof war die Vernichtung von Unterlagen nach dem Scheitern des Attentats. Schließlich wurde er am 10. Oktober 1944 zum Tode durch Erschießen verurteilt.

Während seiner Haftzeit besuchte ihn seine Frau oft, versorgte ihn unter anderem mit frischer Wäsche. In den Wäschestücken gelang es auch, die ein oder andere zusätzliche Nachricht zu übermitteln. Ansonsten war ein Brief in der Woche erlaubt, der kontrolliert und auch zensiert werden konnte. Der Briefwechsel war der Familie nicht nur damals eine emotionale Stütze, sondern half den Kindern auch im Nachhinein, ihren Vater besser kennenzulernen, wie von Schacks Tochter Ilsabe von Schack am Samstag erzählte. Gemeinsam mit ihren beiden noch lebenden Brüdern Adolf Friedrich von Schack und Hans von Schack nahm sie am Gedenkgottesdienst teil. „Ich war ja gerade mal zehn Jahre alt, als mein Vater hingerichtet wurde“, sagte sie. „Und als Soldat war er ja auch viel weg, von daher haben die Briefe mir sehr viel offenbart.“

Ihr Bruder Adolf Friedrich, damals 15 Jahre alt, erinnert sich noch, dass der Vater sehr streng gewesen sei. „Aber er muss sehr stolz auf uns gewesen sein“, sagte er. „Das hat er uns zwar nie so gesagt, aber vor anderen hat er uns wohl in den Himmel gelobt.“ Er kann sich auch noch daran erinnern, dass seine Mutter zwar über den Vater sprach, das Leben aber trotzdem relativ normal weiterging. „Es ging ja gar nicht anders“, sagte er und fügte hinzu: „Ich versuche auch heute, mich nicht allzu sehr damit zu belasten, aber es begleitet einen natürlich immer.“ Auch er hat sich intensiv mit der Geschichte beschäftigt und sich vor allem in die Gerichtsunterlagen vertieft. Dadurch seien ihm die Vorgänge erst richtig bewusst geworden, wie er sagte. Alle drei Geschwister leben inzwischen nicht mehr in Potsdam, fühlen sich der alten Heimat aber immer noch sehr verbunden. „Wir haben noch viele Freunde hier“, sagte Ilsabe von Schack, die dieses Jahr ihren 80. Geburtstag feierte. „Von daher sind wir oft und gerne hier.“

Am 15. Januar 1945 wurde von Schack schließlich in Brandenburg hingerichtet. Was mit seinen sterblichen Überresten passierte, ist bis heute unbekannt. Wahrscheinlich wurde die Leiche verbrannt, die Asche verstreut. In der Familiengruft in Stralendorf bei Schwerin ist inzwischen eine Gedenktafel für ihn angebracht worden.

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