Homepage: Briefing im arktischen Eismeer
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka macht sich bei Potsdamer Polarforschern auf Spitzbergen ein Bild vom Klimawandel
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Ny-Ålesund - Hohen Besuch hatten die Potsdamer Polarforscher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) am Donnerstag in ihrer Forschungsstation auf Spitzbergen (Norwegen). Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) informierte sich bei einer Arktis-Reise über die Arbeit der verschiedenen Forschungseinrichtungen im arktischen Eismeer. „Nirgendwo sonst ist der Klimawandel so sichtbar wie in der Arktis“, sagte Wanka auf der deutsch-französischen Forschungsbasis Awipev in Ny-Ålesund, auf der Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts mit dem französischen Polarinstitut Paul Émile Victor (Ipev) zusammenarbeiten. Die alarmierenden Forschungsergebnisse würden die Bedeutung des Forschungsengagements des Bundes unterstreichen, so die Ministerin.
Die Wissenschaftler erläuterten Wanka auch, dass sich die sommerliche Meereisbedeckung in einem langjährigen Abwärtstrend befinde. Sie sprechen von dramatischen Veränderungen der Meereisbedeckung in der nördlichen Polarregion. Aktuelle Projektionen mit Klimamodellen würden andeuten, dass die Arktis ab Mitte des 21. Jahrhunderts während der Sommermonate weitestgehend eisfrei sein könnte.
Gleichzeitig erwärme sich die Arktis doppelt so schnell wie andere Regionen der Erde: Das komplexe Zusammenspiel von Ozean, Meereis und Atmosphäre führe zu Rückkopplungseffekten, die die Erwärmung verstärken würden. Die starke arktische Erwärmung lässt sich anhand atmosphärischer Daten ablesen, die auf der Potsdamer Forschungsbasis in Ny-Ålesund seit dem Jahr 1993 gesammelt wurden.
Die Wissenschaftler der deutsch-französischen Forschungsstation arbeiten in den Bereichen biologischer, geologischer und meteorologischer Forschung. Unter anderem setzen sie einen Zeppelin ein, mit dem sie Messsonden in die Höhe bringen können, die dort die Klimadaten sammeln. Wissenschaftlicher Koordinator der Station ist der Atmosphärenforscher Roland Neuber von der AWI-Forschungsstelle Potsdam. Insgesamt fließen aus Deutschland rund 200 Millionen Euro jährlich in die Meeres- und Polarforschung, zudem 20 Millionen Euro Projektförderung mit Arktis-Bezug.
Die Polarforscher konnten die Ministerin mit eindeutigen Daten überraschen. Seit Beginn der regelmäßigen Aufzeichnungen im Jahr 1993 hätten sich die Lufttemperaturen auf Spitzbergen im Jahresmittel um 1,3 Grad Celsius pro Jahrzehnt erhöht, berichteten sie. Insbesondere in den Wintermonaten Dezember, Januar und Februar sei die Erwärmung mit 3,4 Grad Celsius pro Dekade besonders ausgeprägt.
Wanka erklärte die Bedeutung der weiteren Förderung der Forschungsstation in Ny-Ålesund. „Nur mit den Infrastrukturen, Messstationen und internationalen Verbundvorhaben unserer leistungsfähigen Forschungseinrichtungen können wir die Daten erheben, die für unsere politischen Entscheidungen in der Klimapolitik Grundlage sind“, so die Ministerin. Eine starke Polarforschung sei wichtig, da man eine gute Wissensbasis brauche, um die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen. Die Ministerin hob auch den persönlichen Einsatz der Forscher hervor. Dass diese unter extremen klimatischen Bedingungen arbeiten müssen, bekam die Ministerin selbst zu spüren: Trotz des Frühlings dürfte auf Spitzbergen noch bis Mai Dauerfrost herrschen. Mehr als zehn Grad sind auch im Sommer nicht drin.
Dass es nun aber gerade im hohen Norden stetig wärmer wird, wird Folgen für die Region wie auch unser mitteleuropäisches Klima haben. „Der durch unsere langfristigen Messungen belegte Temperaturanstieg von 1,3 Grad Celsius pro Jahrzehnt bewirkt massive Umweltveränderungen in der Arktis“, so AWI-Chefin Karin Lochte. Die Forscher würden auf Spitzbergen beobachten können, wie das schwindende Meereis und die schrumpfenden Gletscher die Landschaft und das Ökosystem verändern.
Dass sich nun mit der Erwärmung der Arktis die Häufigkeit kalter europäischer Winter erhöhen könnte, scheint zunächst einmal paradox. Doch durch die Erwärmung scheinen sich die wetterbestimmenden Muster in der Atmosphäre und auf den Weltmeeren langfristig zu verändern. Hätten doch die Winter der Jahre 2009/2010 und 2012/2013 zu den kältesten in Mitteleuropa seit den 1960er-Jahren gezählt, während die globale Mitteltemperatur auf hohem Niveau blieb. „Die intensive Beobachtung und Erforschung atmosphärischer Veränderungen in der Arktis dienen deshalb auch dazu, die Wettervorhersage in mittleren Breiten zu verbessern“, so das AWI. Bundesforschungsministerin Wanka kündigte an, dass Deutschland sein Engagement für die Polarforschung weiter verstärken werde.
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