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Homepage: Brille, Bauch und die Kunst der Kommunikation

Warum zwei Potsdamer Ex-Studenten eine PR-Agentur gründeten, obwohl sie eigentlich nicht in dieser Branche arbeiten wollten

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Das kleine Büro im Holländischen Viertel bietet Atmosphäre und ein Kickertisch die nötige Ablenkung. Der 38-jährige Rico Bigelmann und der vier Jahre jüngere Thomas Wolter gründeten vor drei Jahren ihre Kommunikationsagentur „Brille und Bauch“. Über Verantwortung, ungeduldige Mandanten und kreative Impulse sprachen die PNN mit den beiden Existenzgründern, die an der Potsdamer Uni gemeinsam Seminare besuchten – ohne zu ahnen, dass sie eines Tages zusammen arbeiten würden.

Ihr nennt Euch „Brille und Bauch“!?

Bigelmann: Beim Visitenkartenreichen gibt es oft ein Schmunzeln und Überlegen. Dann wird die Verbindung gesucht. Wir sind sogar schon für Optiker gehalten worden. Die meisten wissen aber gleich, was wir mit dem Namen meinen: Herz, Kopf, Klarsicht, Fokus und Entscheidungen, die aus dem Bauch kommen. Bloße rationale Kommunikation spricht niemanden an.

PR-Agenturen gibt es wie Sand am Meer. Was macht Ihr anders?

Bigelmann: Heute glaubt jeder, er könne schreiben oder fotografieren. Die Ergebnisse sind oft entsprechend. Doch es gibt feine Unterschiede. Für eine Pressemitteilung gelten andere Regeln als für einen Artikel im Wissenschaftsmagazin oder den Text einer Imagebroschüre. Was man schreibt, soll die Menschen auf rationaler und emotionaler Ebene berühren. Das kann nicht jeder. Immer müssen Mittel und Wege gefunden werden, in der Sprache der Zielgruppe zu reden.

Eure Kunden kommen vor allem aus dem Mittelstand. Was heißt das für Euch?

Wolter: Für sie bedeutet unsere Arbeit eine Menge Geld. Sie wollen sofort Ergebnisse sehen, sind ungeduldig. Mit Konzernen, die seit Jahren professionell Öffentlichkeitsarbeit betreiben, ist die Arbeit leichter. Die wissen, dass Marketing nur mittelfristig funktioniert. Das mussten wir erst lernen.

Wolltet Ihr „immer“ im Kommunikationsbereich arbeiten?

Wolter: Nein, ich wollte in die Politikwissenschaft gehen und erst einmal promovieren. Geld für ein Stipendium gab es aber nicht, nur die Option, als Promotionsstudent weiter an der Uni zu bleiben. Das war mir nichts. Durch Zufall habe ich in einer Schweizer Agentur angefangen, im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Dort hatte ich auch politische Mandate zu betreuen. Aus meinem Studium konnte ich viel Wissen anwenden. Damit hatte ich nicht gerechnet.

Bigelmann: Ich bin ebenfalls erst spät in den PR-Bereich gekommen. Mein Studium war holprig. Ursprünglich wollte ich Russischlehrer werden, habe es dann mit Geschichte probiert und nach einem zweijährigen Aufenthalt in London begonnen, Anglistik und Politik zu studieren. In jener Zeit begann ich für den „Brandenburgischen Studenten Kulturverein“ zu arbeiten und rutschte so auf die PR-Schiene. Der Chef des Vereins wollte ein Stadtmagazin für Leute ab 25 Jahren machen. Ich war von Anfang an dabei, begann zu fotografieren und wurde später verantwortlicher Redakteur. Das war spannend. Trotz des vielen Enthusiasmus mussten wir nach einem Jahr aus finanziellen Gründen aufhören. Bis ich Thomas kennen lernte, arbeitete ich bei einer Berliner Werbeagentur.

Wo habt Ihr Euch denn kennen gelernt?

Wolter: Zwei, drei Seminare haben wir in der Uni zusammen besucht.

Bigelmann: Aber wir haben nie miteinander gesprochen.

Wolter: Später lernten wir uns in einer Potsdamer PR-Agentur kennen. Das war im Januar 2001.

Wie entwickelte sich Eure Idee?

Bigelmann: Zunächst eigentlich nur scherzhaft. Irgendwann entwickelten sich konkrete Ideen. Dann begannen wir uns einmal wöchentlich zu treffen. Auch wuchs unsere Unzufriedenheit in unserer damaligen Beschäftigungssituation.

Wolter: Einig waren wir uns, dass wir uns nicht groß verschulden wollten. Kredite kamen nicht in Frage. Allerdings nahmen wir das Überbrückungsgeld vom Arbeitsamt in Anspruch.

Bigelmann: Aber es ist Einiges zu beachten. So darf man nicht selber kündigen und der Schritt in die Selbstständigkeit muss übergangslos passieren.

Im März 2003 habt Ihr dann den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt

Wolter: Wir wollten Verantwortung übernehmen. Während unserer PR-Arbeit wurden wir immer wieder mit dem Thema Existenzgründung konfrontiert. Dass wir den Schritt auch gehen, hätten wir nicht gedacht. Von anderen Gründern wussten wir aber zum Beispiel schon, welche Förderinstrumente es gibt, etwa den Businessplanwettbewerb.

Bei einer Gründung muss man viel beachten: Welche Rechtsform habt Ihr für die Firma gewählt?

Wolter: Wir sind eine Kommanditgesellschaft, kurz KG. Der Vorteil besteht darin, dass man keine 25 000 Euro Stammeinlage wie bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zahlen muss. Allerdings haften wir persönlich.

Wo tankt Ihr Kreativität?

Bigelmann: Wir haben ein kreatives Umfeld. Da sind Leute aus der Filmbranche oder befreundete Grafiker. Mit denen sitzen wir zusammen und entwickeln Ideen. Der Austausch ist enorm wichtig. Ansonsten belohnen wir uns gerne mit einem guten Essen und einem guten Glas Wein. Dazu ist unser Hof hier im Holländischen Viertel eine Quelle zum Auftanken.

Habt Ihr Wünsche für die Zukunft?

Bigelmann: Wir wollen langsam und gesund wachsen.

Das Gespräch führte Ulrike Strube

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