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Landeshauptstadt: Brisantes Thema ausgespart?

Auf der Potsdamer Krebs-Konferenz wird das „Kopfgeld“ für Brustkrebspatientinnen nicht diskutiert

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Potsdam-West - Den „Sponsoren aus der Industrie“ wird gedankt und die Ärzte werden gebeten, auch die Werbestände der Pharmakonzerne zu besuchen. Dazu gibt es noch vages Lob für die politischen Bemühungen um neue Nichtraucherschutz-Regelungen: Die Begrüßungsreden zur Krebs-Tagung im Kongresshotel am Templiner See versprechen nichts Außergewöhnliches.

Auch das weitere Programm des zweitägigen Kongresses der Landesarbeitsgemeinschaft Onkologische Versorgung Brandenburg e.V. (LAGO), der gestern begann, spart eines der umstrittensten Themen aus: Nach Beiträgen zur „Kopfpauschale“ für Brustkrebspatientinnen sucht man vergeblich.

Dabei gäbe es dazu durchaus Gesprächsbedarf: Bereits seit Ende vergangenen Jahres bieten Krankenkassen in Brandenburg allen Frauenärzten, die Brustkrebs-Patientinnen an eines der vier von den Kassen ausgewählten Krankenhäuser in Potsdam, Cottbus, Neuruppin oder Bad Saarow schicken, ein „Kopfgeld“ von 50 Euro (PNN berichteten). Im Dezember äußerten sich dazu 14 Chefärzte von Brandenburger Frauenkliniken öffentlich. Sie befürchteten, dass der „geheime und mafiöse“ Vorstoß der Krankenkassen die wohnortnahe Versorgung erkrankter Frauen gefährdet. Außerdem sahen sie das erst vor zwei Jahren aufgebaute Netz der so genannten Brustzentren vor dem Aus. Denn die „Leistungskonzentration“ könne mittelfristig zur Schließung von Standorten führen, sagte im Dezember Andreas Kohls, Chefarzt der Gynäkologie am Potsdamer St. Josefs-Krankenhaus. Die Einsparungen, die durch Schließungen erzielt würden, könnten die Krankenkassen zur Einführung des „Kopfgelds“ motiviert haben, so Kohls.

Bei der Kritik ist es wohl geblieben: Karin Koch, Chefärztin für Strahlentherapie am Potsdamer Ernst von Bergmann-Klinikum, äußerte sich gestern abseits des offiziellen Kongress-Programms kritisch zu der Regelung – obwohl das Bergmann-Klinikum unter den vier „Brustkrebszentren“ ist, die von den Kassen Patientinnen zugewiesen bekommen. „Auch in kleinen Einrichtungen wird gute Arbeit“ verrichtet, betonte Koch. Die Beschränkung der Kassen auf vier Krankenhäuser ist für sie „nicht nachvollziehbar“. Vielmehr führe sie zu „Spannungen unter den Ärzten“. Einer ihrer Mitarbeiter sei bereits „von Kollegen massiv angegriffen“ worden. Für Orte wie Eberswalde befürchtet Chefärztin Koch eine Abwanderung der Patientinnen nach Berlin. Ein Zuwachs am Ernst von Bergmann-Krankenhaus sei zwar noch nicht spürbar, werde aber erwartet. Auf die Frage, warum bei der LAGO-Tagung diese Probleme nicht diskutiert werden, antwortete die Strahlenspezialistin: „Das Thema ist hoch brisant. Anscheinend haben sich alle davor gedrückt.“

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