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Stolze Summe. Rund 120 000 Euro kann der AStA jährlich für studentische Projekte ausgeben. Ein Gutachten der Uni Potsdam bemängelt nun unter anderem, dass sich die Studierenden beim Umgang mit dem Geld nicht immer an die Regeln der Betriebswirtschaft gehalten haben.

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AStA der Uni Potsdam: Buchführung mangelhaft

Gutachter der Potsdamer Uni attestieren dem AStA teilweise unsachgemäßes Wirtschaften.

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Klientelpolitik und unsachgemäßes Wirtschaften mit dem Geld der Studenten: Wiederholt hatte der von linke Listen dominierte Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam mit solchen Vorwürfen zu kämpfen. Nun haben Studenten am Lehrstuhl für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung der Universität Potsdam das Finanzgebaren des AStAs im Haushaltsjahr 2011/2012 unter die Lupe genommen und ein offizielles Gutachten erstellt. Der Abschlussbericht, der den PNN vorliegt, fällt recht durchwachsen aus.

So könne zwar der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Umgang mit den finanziellen Mitteln bestätigt werden, heißt es im Bericht. Bemängelt wird aber vor allem die Buchführung: So komme es auf AStA-Konten teilweise zu Fehlbuchungen aufgrund falscher Kontenzuordnungen. Hier müsse mehr Sorgfalt herrschen, so die Prüfer. Ebenso seien Belege teilweise falsch zugeordnet worden oder teils gar nicht mehr auffindbar. Auch sollte der AStA laut dem Bericht bei der Ausgestaltung und Verwaltung der Kooperationsverträge sorgfältiger agieren – gemeint ist etwa die umstrittene Zusammenarbeit mit dem „Freiland“-Jugendzentrum in der Friedrich-Engels-Straße.

Tatsächlich entscheidet der AStA über beträchtliche Summen, die aus den obligatorischen Semesterbeiträgen der mehr als 20 000 Studenten an der Universität stammen. Insgesamt kommen im Jahr rund 400 000 Euro zusammen – allerdings ist ein Drittel dieser Summe für die Fachschaften, ein Viertel für das studentische Kulturzentrum (KuZe) in der Hermann-Elflein-Straße und ein Zehntel für einen Sozialfonds vorgesehen. Bleiben rund 120 000 Euro, über die der AStA frei verfügen kann (siehe Kasten). Darüber hinaus bestehen Rücklagen für das KuZe, die in den vergangenen Jahren nach einer entsprechenden Forderung des Landesrechnungshofs von 391 000 Euro auf jetzt noch 227 000 Euro abgebaut wurden. Hier empfehlen die Prüfer eine komplette Auflösung der Rücklage. Der Studierendenausschuss wird jährlich von den Studierenden gewählt, die Wahlbeteiligung liegt meist nur bei rund zehn Prozent.

Dass beim Umgang mit dem Geld der Studenten alle Regeln der Betriebswirtschaft eingehalten werden, daran zweifeln die Prüfer in einigen Fällen. So würden ausgezahlte Aufwandsentschädigungen an zahlreiche AStA-Mitglieder und -Referenten derzeit nicht versteuert. Obwohl der Bundesfinanzhof geurteilt hat, dass solche Geldleistungen steuerpflichtiger Arbeitslohn sind. Daher könne das Finanzamt eventuell den AStA für die nicht abgeführte Lohnsteuer in Haftung nehmen, warnen die Prüfer. Sie empfehlen auch dringend, das Vermögen des AStA – beispielsweise Computer – in einer Inventarliste zu dokumentieren, um Zu- und Abgänge überblicken zu können. Das soll speziell auch für das KuZe gelten – die dort laut den Prüfern festgestellte „Schwundproblematik“ in den Beständen der Kneipe müsse dringend geklärt werden, um Mehrzahlungen von Studentengeldern an das Projekt zu vermeiden.

Nicht ordnungsgemäß verlaufe auch die Finanzierung des Sommerfests der Studenten, weil etwa über das Konto für die Party auch Geschäfte abgewickelt würden, die nichts mit dem Fest zu tun hätten. Im allgemeinen AStA-Haushaltsplan seien die Erträge knapp 40 Prozent unter den Erwartungen geblieben, bemängeln die Prüfer weiter.

Der AStA gelobt Besserung: „Die ausgesprochenen Empfehlungen werden wir berücksichtigen und gegebenenfalls umsetzen“, heißt es in einer Stellungnahme des Gremiums gegenüber den PNN. Allerdings sei die Prüfung schon durchgeführt worden, obwohl der Jahresabschluss vom Finanzreferat noch nicht fertiggestellt worden war. „Hierdurch erklären sich auch die meisten Beanstandungen.“ Zudem seien alle Fälle falsch zugeordneter oder nicht auffindbarer Belege im Verlauf der Prüfung nachvollzogen worden. Unter anderem wolle man künftig einen Abrechnungsleitfaden für Studenten erstellen, die Geld für Projekte beantragen. Außerdem würden die Formulare für die Abrechnungen vollelektronisch umgestaltet, um Probleme beim Abtippen von Daten zu reduzieren, so der AStA.

Auch die Kooperationsverträge zwischen dem AStA und anderen Einrichtungen werden von den Prüfern bemängelt – speziell der mit dem „Freiland“. Wie berichtet hatte der AStA 2011 rund 35 000 Euro für eine Musikanlage und Sanierungskosten finanziert. An den Verhandlungen maßgeblich beteiligt waren zwei damals aktive AStA-Referenten, die zugleich an der Spitze des Spartacus e.V. engagiert waren – dieser Verein organisiert in der „Freiland“-Veranstaltungshalle fast alle Konzerte und Partys. Der AStA hatte in diesem Interessenkonflikt kein Problem gesehen und auf diverse Vergünstigungen für Studenten verwiesen. Die Prüfer allerdings fordern jetzt, den Nutzen für die Studenten aus dem Vertrag mit dem „Freiland“ zu erhöhen, weil die Verhältnismäßigkeit der Leistungen zwischen beiden Vertragsparteien teilweise anzuzweifeln sei. Die Evaluierung des Vertrags habe noch nicht stattgefunden, erklärte der AStA dazu.

HINTERGRUND

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam fördert mit den Semesterbeiträgen der Studenten diverse Projekte. Die Protokolle zu den Beschlüssen veröffentlicht der AStA regelmäßig. Dennoch artikuliert die Opposition im Studierendenparlament immer wieder Zweifel, ob das Gremium dabei auch allgemeine politische Veranstaltungen fördern darf und ob die bezuschussten Projekte überhaupt einen studentischen Bezug haben. Im Folgenden eine Auswahl an Projekten, die in diesem Jahr gefördert wurden:

„They Shall Not Pass“– Bündnis gegen den NPD-Aufmarsch in Potsdam am 15. September: 1000 Euro

AStA-Klausurtagung: 1500 Euro

Bildungsveranstaltung im Rahmen des Mottos „Antifa United“: 650 Euro

Antifa-Workshop Männlichkeit: 242,24 EUR

Gegendemonstration zum 1. Wiener Akademikerball: 700 Euro

Kauf von zwei Megafonen: 200 Euro

AStA-Montagskultur-Veranstaltung: Männlichkeitskonstruktionen und Heterosexismus im deutschsprachigen HipHop: 1050 Euro

Antirassistisches Stadionfest „Der Ball ist Bunt“: 1420 Euro

Archiv für Feminismus und Kritische Wissenschaften: Eröffnung eines Zine-Regals: 175,00 EUR

Linksalternative Veranstaltungsreihe zum „Tag von Potsdam“ und zur Bombennacht von Potsdam : 1500 Euro

Freiland, Reparatur Bus: 1324,40 Euro

Antifa-Wochenende im besetzten Haus „La Datscha“: 1100 Euro (HK)

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