Landeshauptstadt: Bürgel wird wieder gedacht
Gedenkstätte für den Volksastronomen und Menschenfreund gestern neu eröffnet
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Innenstadt - Fünf Monate nach dem Planetarium wurde gestern Nachmittag am neuen Standort der Urania nun auch die Gedenkstätte für den Sternenforscher, Volksschriftstellers und Menschenfreund Bruno H. Bürgel neu eröffnet.
Dafür steht nur wenig Raum zur Verfügung, doch muss man Planetariumsleiter Rolf König bestätigen, dass er das Beste aus der Enge gemacht hat. Das Arbeitszimmer wurde annähernd originalgerecht wieder aufgebaut, mit dem Herzstück der Bibliothek Bürgels und sogar Platz für Vorträge und Lesungen im kleinen Kreis. Der Rest der Bücher, astronomische Geräte und persönliche Arbeitsgegenstände sind geschickt auf Flure und Durchgänge aufgeteilt. Ebenso wurde das Archiv komplett übernommen. Das große Fernrohr des Astronomen soll im Urania-Hof seinen Platz finden.
Bruno H. Bürgel (1875 - 1948) war ein echter Bestsellerautor. Seine Bücher wie „Aus fernen Welten“ oder „Vom Arbeiter zum Astronomen“ erschienen in nicht weniger als 22 Millionen Exemplaren. Von gleicher Bedeutung sind die 3000 Pressebeiträge und 3350 erhaltenen Briefe, seine humorvollen Zeichnungen und die Fotos aus seinem Leben. Sie alle können nun wieder für die Volksbildung und für wissenschaftliche Arbeiten genutzt werden. Dafür ist eine Voranmeldung vonnöten, und außer Haus gegeben werden die Originale nicht.
Während der Einweihungsfeier dankte Urania-Geschäftsführerin Karin Flegel besonders dem 83-jährigen Arnold Zenkert. Der langjährige Planetariumsleiter und Verfasser mehrerer Bücher über den „Weisen von Babelsberg“ rettete nach dem Tode Bürgels dessen Nachlass und sorgte für die Einrichtung der Gedenkstätte. In den vergangenen Jahren hat er Pressebeiträge und Briefe aufgearbeitet und eingescannt, so das sie jetzt im Computer aufgerufen werden können.
Rolf König gab einen Überblick über Leben und Wirken Bürgels, der als Waisenkind in einer Schuhmacherfamilie aufgewachsen war und sich autodidaktisch zum Astronomen weitergebildet hatte. 1915 zog er nach Babelsberg, wo er bis zu seinem Tode in der Merkurstraße wohnte. 1945 zählte er zu den Mitbegründern des Kulturbundes.
In einem Vortrag ging Arnold Zenkert auf das schriftstellerische Werk Bruno H. Bürgels ein, dass sich nicht auf im besten Sinne populärwissenschaftlich geschriebene astronomische Titel beschränkt, sondern auch philosophische Schriften, humoristische Alltagsskizzen und sogar Kinderbücher umfasst. Auch seine Briefe zeichnen Bürgel in seiner Menschenfreundlichkeit und Güte als eine Vertrauensperson für Tausende von Menschen, an die sie sich in schwierigen Lebenssituationen wandten. „Sie sind nicht nur ein Sternen-, sondern auch ein Seelenkundiger“, schrieb ihm 1938 der in die Emigration getriebene Jude Hugo Levy aus London. Der Astronom, der seit 1915 in Babelsberg wohnte, fühlte sich in Nazideutschland in einem „tiefen Tal der Kultur“ und erwog, es „stehenden Fußes zu verlassen".
Zenkert würde sich wünschen, dass die als Literaturmuseum eingestufte Gedenkstätte auch wieder zu einem Zentrum der Traditionspflege für die acht Schulen und vier astronomischen Einrichtungen wird, die Bürgels Namen tragen. Zur gestrigen Einweihung kündigte die Bürgel-Grundschule Eberswalde bereits den Besuch all ihrer Schulklassen an.
Erhart Hohenstein
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