Landeshauptstadt: Bürgel zieht in die Innenstadt um
Gedenkstätte bei Urania in der Gutenbergstraße / Weg frei auch für Umzug des Planetariums
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Gedenkstätte bei Urania in der Gutenbergstraße / Weg frei auch für Umzug des Planetariums Von Erhart Hohenstein Nauener Vorstadt - Im Jahr 1968 sollte die Merkurstraße 10 wieder Wohnhaus werden. Der Besitzer, Walter Bürgel, war in den Westen gegangen, die für seinen Vater, den Volksastronomen und Schriftsteller Bruno Hans Bürgel, eingerichtete Gedenkstätte führte ein Schattendasein. Kurzerhand wurden Inventar und Nachlass auf ein Pferdefuhrwerk geladen, um sie abzutransportieren. Das beobachtete Luise Wörner, die Jugendliebe Walter Bürgels, und fiel den Pferden in die Zügel. Heftig forderte sie, die Sachen ins Haus zurückzubringen, was dann auch geschah. Damit verhinderte sie, dass der Nachlass des populären Volksaufklärers in alle Winde verstreut wurde. Die Gedenkstätte kam komplett ins Planetarium im Neuen Garten, wo sie sich noch heute befindet. Als sie eingerichtet wurde, war das für Potsdam ein gesellschaftliches Ereignis. Zur Einweihung am 13. November 1955 – also vor 50 Jahren – begrüßte Oberbürgermeister Promnitz politische und wissenschaftliche Prominenz, darunter Sternenforscher auch aus Hamburg und Westberlin. Dazu muss man wissen, dass der 1948 in Babelsberg verstorbene Bruno H. Bürgel zu Lebzeiten als „Lichtgestalt“ galt, an der sich viele Menschen orientierten. Sie bewunderten seinen Weg vom Volksschüler und Fabrikarbeiter zum Astronomen. Durch populärwissenschaftliche Bücher, in denen er schwierigste kosmische Sachverhalte anschaulich vermittelte, erweiterte er das Weltbild seiner Leser. In seinen Kinderbüchern und alltagsphilosophischen Beiträgen erwies er sich als gütig, weise und humorvoll. Den Menschenfreund erreichten ungezählte Briefe, so in der Nazizeit von Frauen, die den Krieg als Irrsinn verdammten, von verfolgten Juden, von Häftlingen, von Notleidenden Nach Kriegsende ließ Marschall Shukow verbieten, dass Bürgel durch die Besatzungssoldaten in seiner Arbeit gestört, behindert oder sein Haus besetzt werde. 1945 zählte der „Weise von Babelsberg“ zu den Mitbegründern des Deutschen Kulturbundes. Die Bürgel-Euphorie ist längst vorüber, die Erinnerung an ihn schwindet. Das zeigte auch der nur kleine Zuhörerkreis der Jubiläumsveranstaltung, zu der Planetariumsleiter Rolf König und sein Vorgänger Arnold Zenkert eingeladen hatten. Dennoch hoffen beide auf eine Bürgel-Renaissance. Wie König berichtete, ist der Umzug des Planetariums in die neue Heimstatt des Urania-Vereins „Wilhelm Foerster“ in der Gutenbergstraße gesichert. Die Denkmalpflege hat dem Bau einer Kuppel im ehemals Schukeschen Fabrikgebäude zugestimmt, die Fördermittel sind bewilligt, der Bauantrag läuft. Noch 2006 will König umziehen. Dazu wurde bei Carl Zeiss Jena bereits die Aufarbeitung des von 1981 stammenden, inzwischen mehrfach modernisierten Projektors in Auftrag gegeben. Die Gedenkstätte macht den Umzug in die Innenstadt mit. Sie wird dann aus zwei Räumen bestehen, der eine mit Möbeln, Instrumenten sowie der 1820-bändigen Bibliothek dem Arbeitszimmer Bürgels nachgestaltet, der zweite für den übrigen Nachlass, so 3000 Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge, 800 Großdias, 200 Fotos und die 3350 erhaltenen Briefe, die Zenkert geordnet und auf Datenträger gespeichert hat. So darf die Gedenkstätte wieder auf stärkeres Besucherinteresse hoffen. Dabei weist Zenkert darauf hin, dass Historiker und andere Interessenten mit den Büchern und Archivalien arbeiten können, allerdings werden sie nicht außer Haus gegeben.
Erhart Hohenstein
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