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Landeshauptstadt: Bürger sollen über Investitionen mitentscheiden

Mehr Mitbestimmung im Bürgerhaushalt / Finanzausschuss vertagt Votum über Budgets

Von Peer Straube

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Das Mitspracherecht der Bürger bei wichtigen kommunalen Entscheidungen wird ausgeweitet. Ab 2012 sollen die Potsdamer im Bürgerhaushalt auch ihre Stimme zu Investitionsvorhaben der Landeshauptstadt abgeben können. Darauf einigte sich der Finanzausschuss am Dienstagabend. Die Bündnisgrünen setzten per Änderungsantrag durch, dass Investitionen verbindlich zur Abstimmung gestellt werden und nicht nur optional, wie von der Stadtverwaltung geplant. Über Anträge von SPD und der Wählergruppe Die Andere, feste Budgets einzuführen, über deren Verteilung die Bürger entscheiden können, soll im Zuge der nächsten Haushaltsdebatte beraten werden.

Wie es mit dem Bürgerhaushalts-Verfahren generell weitergehen soll, wurde im Ausschuss kontrovers diskutiert. Vor allem FDP und CDU übten Kritik am aktuellen Verfahren. So stellte der FDP-Stadtverordnete Stefan Becker die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen. Wie berichtet, hatte die Stadt auf eine Anfrage von Die Andere mitgeteilt, dass die Verwaltung in diesem Jahr rund 1300 Arbeitsstunden extra für den Bürgerhaushalt aufgewandt hat. Demgegenüber stünden „vier Prozent der Potsdamer, die dann ein Ranking aufstellen, dessen Umsetzung alles andere als sicher ist“, sagte Becker. Er habe auch ein Problem damit, wenn lediglich vier Prozent der Einwohner über Investitionen mitentscheiden und darüber, wofür Kredite aufgenommen werden sollen. Becker regte an, das Verfahren so lange auszusetzen, bis die Stadt einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet, von dem ein Teil dann in Form einer „Bürgerdividende“ von den Bürgern verteilt werden könne. Folge man diesem Vorschlag, „gibt es in der nächsten Dekade keinen Bürgerhaushalt mehr“, warnte Uwe Stab, der für die SPD als sachkundiger Einwohner im Ausschuss sitzt. Dafür reiche ein Blick auf die Haushaltslage. Ähnlich äußerte sich Peter Schüler (Bündnisgrüne). Es sei der falsche Weg, Bürger nur „Sahnehäubchen“ verteilen zu lassen. Die Bürger müssten auch in schwierigen Zeiten beteiligt werden – damit bekämen sie auch ein Gefühl dafür, Verantwortung für problematische Haushaltsentscheidungen mitzuübernehmen.

Peter Schultheiß (CDU) äußerte Bedenken, der Bürgerhaushalt sei manipulierbar. Bekanntlich hatte ein anonymes „Team Potsdam“ behauptet, die Abstimmung zum Bürgerhaushalt 2011 beeinflusst zu haben, um das Verfahren an den Pranger zu stellen. Es gebe „Indizien“, so Schultheiß, dass dies tatsächlich gelungen sein könnte. Man müsse sich nur die Vorschlagsliste anschauen – unter den ersten sechs seien nur Ideen platziert, die jüngeren Menschen zugute kämen, die mit Computern in der Regel besser umgehen könnten als Ältere.

Peter Kaminski (Linke) warnte davor, den Bürgerhaushalt durch derlei Kritik „herabzuwürdigen“. Bei der Einführung des Bürgerhaushaltes wäre man über eine vierprozentige Beteiligung froh gewesen, sagte er. In die gleiche Kerbe schlug auch der Ausschussvorsitzende Harald Kümmel (SPD). Der Bürgerhaushalt sei eine „Form gelebter Demokratie“, sagte er. Peer Straube

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