Von Peer Straube: Bürgerbahnhof-Rettung auf der Kippe
Laggner: „Wir waren noch nicht beim Notar“ / Denkmalpfleger streiten über Wert des Lenné-Gartens
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Potsdam-West - Die Rettung des maroden Bürgerbahnhofs am Park Sanssouci droht abermals zu scheitern. Investor Josef Laggner, der auch das Krongut betreibt, bestätigte gestern auf PNN-Anfrage, dass der Kaufvertrag mit der Stadt noch immer nicht unterzeichnet ist. „Wir waren noch nicht beim Notar.“
Hintergrund des inzwischen monatelangen Tauziehens ist die Frage, wie weit Laggner, der unter anderem einen Biergarten und einen Parkplatz plant, in den heute nicht mehr vorhandenen Lenné- Garten eingreifen darf, der einst Potsdams ältesten Bahnhof umgab. Ob er wiederhergestellt werden soll und kann, ist auch bei Denkmalpflegern umstritten. Die Denkmalbehörde der Stadt sieht, wie berichtet, „keinen Sinn“ darin, das von Potsdams größtem Landschaftsplaner angelegte Gärtchen auferstehen zu lassen.
Wie Klaus-Dieter Bolze, Bereichsleiter Umwelt und Natur, am Donnerstagabend im Umweltausschuss erklärte, sei der Lenné-Garten laut Denkmalamtschef Andreas Kalesse bereits seit 1911 „so gut wie nicht mehr vorhanden“. Damals hätten Grundstücksveränderungen dazu geführt, dass der Garten zunehmend verwilderte. So sei es heute ohnehin nur noch möglich, die einstigen Vorstellungen Lennés „fragmentarisch“ zu verwirklichen. Dafür allerdings müssten laut Bolze rund 40 jeweils etwa 100 Jahre alte Bäume gefällt werden – was der Naturschutzbehörde erhebliche Bauchschmerzen verursacht. Pikant: Sollte Laggner für seine Pläne eine Genehmigung bekommen, fielen die Fällungen „wesentlich geringer“ aus, so Bolze. Seiner Ansicht nach ist Laggners Plan ein guter Kompromiss, weil mit dem Waldbestand „sehr sorgsam“ umgegangen werde.
Bolze ließ durchblicken, dass seine Behörde keine Einwände gegen die Verwirklichung des Laggner-Vorhabens erheben werde. Ein Veto der städtischen Denkmalpflege erscheint nach den Äußerungen Kalesses, die dieser im Bauausschuss am kommenden Dienstag ausführlich erläutern will, ebenfalls unwahrscheinlich. Offenbar hegt man im Rathaus die Befürchtung, Laggner könne sich frustriert aus dem Projekt zurückziehen – damit wäre der Bürgerbahnhof erneut seinem weiteren Verfall überlassen. Schon einmal, 2005, war eine Sanierung des Fachwerk-Bahnhofs gescheitert. Die Schlösserstiftung hatte sich seinerzeit gegen Pläne der damaligen Eigentümerin, der „BundeseisenbahnVermögen“, gewandt, die den Bahnhof restaurieren, allerdings auch einen Neubau im Waldstück dahinter errichten wollte. Nach dem Kauf des Geländes durch die Stadt für einen symbolischen Euro war eine Entwicklung mehrfach gescheitert. Unter anderem hatten der Maulwurf e.V. und der Bus e.V. Interesse gezeigt und das Areal an Sozialprojekte koppeln wollen. Im vergangenen Jahr erteilte die Stadt Laggner den Zuschlag – doch die Verhandlungen gestalteten sich zäh. So wurde etwa über Zufahrten gestritten, zuletzt hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im März den Baubeginn noch in diesem Jahr verkündet.
Doch dann tauchte Lenné wieder aus dem Schatten auf. In den vergangenen Wochen wuchs der Widerstand gegen Laggners Pläne – von Anwohnern, aber auch international anerkannten Denkmalpflege-Experten, die der Auffassung der kommunalen Denkmalbehörde entgegentraten. So hatte Giulio Marano, Chef der Unesco-Organisation Icomos, gegenüber den PNN angekündigt, den Lenné-Garten gegenüber Jakobs anzusprechen. Michael Seiler, früherer Gartenchef der Schlösserstiftung und zudem Vorsitzender der Pückler-Gesellschaft, erklärte, es sei „ganz wichtig“, den Garten zu erhalten. Lenné habe nur „diesen einen“ Bahnhofsgarten geschaffen. Ähnlich äußerten sich weitere Denkmal-Experten, darunter Roberto Pirzio-Piroli, der für Potsdam den Masterplan für die Lennésche Feldflur erarbeitet hat. Die Stiftung kündigte bereits an, das Laggner-Projekt sehr genau im Auge zu behalten.
Der Umweltausschuss erklärte sich für die Denkmalbelange als nicht zuständig. Einstimmig wies das Gremium aber „auf die Problematik der Großbäume“ hin.
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