Landeshauptstadt: Bürgerbeteiligung besser als ihr Ruf
Experte: Potsdam bundesweit auf einem der vorderen Plätze. Bürgerbüro soll 2013 eröffnet werden
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Potsdam ist besser, als es selbst glaubt: So lautete sinngemäß das Urteil von Serge Embacher über den Stand der Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt. Der Politikwissenschaftler ist Referent beim Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement in Berlin und sprach am Donnerstag beim Stadtforum in Treffpunkt Freizeit.
„Wenn es ein Ranking für Bürgerbeteiligung geben würde, hätte Potsdam einen der vorderen Plätze“, so Embacher. Insbesondere das derzeit laufende Projekt, die informelle Beteiligung von Bürgern durch ein Beteiligungsbüro und einen Beirat dauerhaft zu unterstützen, gefiel ihm. „Das ist schon sehr avanciert, was sie hier machen“, so Embacher. So sollen im Büro für Beteiligung sowohl Mitarbeiter der Stadtverwaltung als auch Vertreter eines freien Trägers arbeiten. Für beide Teile soll gleich viel Geld zur Verfügung gestellt werden. Nach Embachers Erfahrung ein Novum in Deutschland: „Normalerweise achten Verwaltungen immer darauf, dass sie größere Ressourcen haben als Projekte von außen.“
Das geplante Büro für Beteiligung und der Beteiligungsrat sollen nach einem Konzept des von der Stadt beauftragten Medienlabors Potsdam künftig die Schnittstellen zwischen Bürgern und Verwaltung bilden. Dabei sollen sie sowohl Anliegen der Bürger an die Verwaltung bringen und Informationen weitergeben als auch Hilfe anbieten, wie Bürger Einfluss auf Entscheidungen der Verwaltung nehmen können. Mit Initiativen aus den Stadtteilen soll kooperiert werden. Die genauen Arbeitsaufgaben stehen noch nicht fest und sollen im Januar der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt werden. Die Ausschreibung für den freien Träger wird derzeit vorbereitet. Ab Mitte des kommenden Jahres soll das Büro seine Arbeit aufnehmen.
Embacher wies allerdings auch auf Probleme hin, die mit dauerhaften Formen der Bürgerbeteiligung verbunden seien. Man müsse darauf achten, dass verbindliche Verfahren keine Bürger von vornherein ausschließen. Vielen Menschen fehle beispielsweise einfach die Zeit, häufig an Sitzungen von Gremien teilzunehmen. Anderen mangele es an Informationen, um ihre Argumente vorzubringen. Embacher schlug deshalb eine Art aufsuchende Bürgerbeteiligung vor. Außerdem sei es wichtig, dass die Bürgerbeteiligung auch fest verankert werde. „Das Ganze soll ja nicht wieder rückgängig gemacht werden, wenn es mal einen anderen Bürgermeister gibt“, so Embacher. Insgesamt sehe er in den Potsdamer Ideen aber ein großes Potenzial.
Konkrete Bürgerbeteiligung soll es künftig auch im Bornstedter Feld geben. Wie der Entwicklungsträger Bornstedter Feld mitteilte, sucht die Wahlkommission noch bis zum 7. Dezember nach Kandidaten für die Interessenvertretung des Stadtteils. Die Wahl soll im Januar stattfinden. Bewohner und Gewerbetreibende seien schriftlich informiert worden. „Wir brauchen ein legitimiertes Gremium“, so Horst Müller-Zinsius, Chef der Pro Potsdam und des Entwicklungsträgers. Damit sollen Bedürfnisse der Bewohner und Gewerbetreibenden in die Planung aufgenommen werden. Marco Zschieck
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