Landeshauptstadt: Burn-out im Jobcenter
Zwischenbilanz der Potsdamer Hartz-IV-Behörde
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Einen „erschreckend hohen Ausbrennfaktor“ hat Frank Thomann für die Mitarbeiter des Potsdamer Jobcenters konstatiert. Der Chef der Behörde, die in Potsdam die Umsetzung der Hartz-IV-Gesetze regelt, sagte am Dienstagabend im Sozialausschuss, dass besonders junge Kollegen vom Symptomen des Burn-outs betroffen seien. „Ähnlich wie früher im Sozialamt“ sei im Jobcenter ein „robuster Charakter“ für die Arbeit nötig, so Thomann – etwa weil Schicksale von Hartz-IV-Empfängern nicht spurlos an den Kollegen vorbeigingen. Gleichzeitig gebe das „intensive Controllingsystem“ den Jobcenter-Angestellten kaum eine Chance, etwas nach „eigener Façon“ zu machen. Angesichts von Gesetzesänderungen seien laufend Fortbildungen nötig, so Thomann. Allerdings sei in den vergangenen Jahren zumindest die Zahl der befristeten Stellen deutlich zurückgegangen – früher hätten rund 40 Prozent der Mitarbeiter nur Stellen auf Zeit gehabt, die Folge sei zusätzliche Unsicherheit gewesen.
Im Ausschuss ging es um eine Zwischenbilanz der Arbeit des Jobcenters. Diese fiel differenziert aus. Thomann zeigte sich erfreut, dass in Potsdam selbst während der Wirtschaftskrise die Zahl der Bedarfsgemeinschaften, die Hartz IV beziehen, mit rund 9400 relativ konstant geblieben sei. In diesem Jahr sinke diese Zahl sogar, laut der aktuellen Statistik auf 9137 Bedarfsgemeinschaften. Aktuell sei zudem die Zahl der Ein-Euro-Jobs in Potsdam um 500 gesenkt worden, ohne dass sich die Arbeitslosenquote erhöht habe. Auch liege die Kundenzufriedenheit in der Behörde an zweiter Stelle aller Berliner und Brandenburger Jobcenter – bei einem Schulnotenwert von 2,42. Das habe ihn selbst „überrascht“, bekannte Thomann – schließlich lese er jede schriftliche Beschwerde persönlich.
Bei den meisten Ausschussmitgliedern stießen die Aussagen von Thomann auf Wohlwollen. Skeptisch blieben einzig Vertreter der Fraktion Die Andere. So sagte deren Beisitzerin Julia Laabs, es gebe Berichte über „massive unangekündigte Hausbesuche“ der Jobcenter-Mitarbeiter. Sie kritisierte auch, dass Hartz-IV-Bezieher ihre Wohnung wechseln müssten und in andere Stadtteile verdrängt würden. Thomann hielt dagegen, in Potsdam gebe es bei der Frage des Wohnraums „großzügige“ Regelungen, nur einige Bedarfsgemeinschaften hätten umziehen müssen. Ohnehin seien Wohnungen in Potsdam viel zu knapp für nennenswerten Spielraum seiner Behörde. Auch die Quote bei den Sanktionen, die das Jobcenter verhängt, etwa wenn Kunden einen Job nicht annehmen wollen, liege im Vergleich zu anderen Jobcentern in der Region unter dem Durchschnitt – laut Behörde handelte es sich 2010 im Schnitt pro Monat um rund 300 Bedarfsgemeinschaften, die sanktioniert wurden. Zugleich räumte Thomann auch ein, dass es „in dem einen oder anderen Fall“ zu „Fehlentscheidungen“ komme – auch im Jobcenter arbeiteten nur Menschen. Henri Kramer
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