Landeshauptstadt: Bushido oder Angela Merkel
Die „Spielwütigen Freaks & Friends“ begaben sich im T-Werk auf die Suche nach Helden und Vorbildern
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Die Regel für gute Erziehung lautet: Kinder brauchen Vorbilder – es müssen aber die richtigen sein. Auf der Bühne im T-Werk wird diskutiert. Ist Skandalrocker Pete Doherty so ein Vorbild? „Den kennen Eltern doch überhaupt nicht.“ Oder Pipi Langstrumpf? „Realitätsfern.“ Und der Rapper Bushido? „Gar nicht dran zu denken!“ Mit einer streberhaften Hornbrille auf der Nase schlüpfen die sechs jungen Darstellerinnen der „Spielwütigen Freaks & Friends“ in die Rolle von Erziehungsberechtigten und diskutieren, wer denn nun das Zeug zum Vorbild für die Jugend hat. Und wer eben nicht.
Am Dienstagabend zeigten die 13- bis 16-jährigen Mädchen der Jugendtheatergruppe eine Präsentation unter dem Titel „Helden ohne Glanz und Glamour“. Nach Anleitung von Theaterpädagogin Yasmina Ouakidi haben sich die Nachwuchsschauspielerinnen drei Monate lang durch Übungen und Improvisation mit echten und vermeintlichen Vorbildern auseinandergesetzt.
Ein Beispiel: Der Wettbewerbsdruck unter Jugendlichen. In den Medien werde propagiert, dass nur einer gewinnen kann, heißt es auf der Bühne. „Auch wenn heute jeder etwas Besonderes sein will, nur einer kann Germany’s Next Top Model, Deutschlands Superstar oder Bundeskanzler werden.“ Doch sind Castingstars und Politiker wirklich Idole der Jugend? Welche Eigenschaften sollte ein Held überhaupt mitbringen? Viele solcher Fragen werden szenisch angerissen. Eine Antwort bleibt aus.
Die lange Probezeit ist den Darstellerinnen anzumerken: Selbstsicher nehmen die Mädchen die Bühne ein, dazu erklingt Filmmusik aus „Kill Bill“ oder „James Bond“. In Jeans und bunten T-Shirts stechen sie aus der schlichten, schwarzen Kulisse hervor. Mit Hilfe von auf Stangen sitzenden Plastikköpfen, schwarzen Hüten und Brillen stellten sie Situationen dar, um das Thema Helden in 30 Minuten möglichst vielseitig zu betrachten. Dazu fallen Zitate, etwa von dem indischen Friedensaktivisten Gandhi.
Fast am Ende kommt eine weitere Frage: Können nicht vielleicht die jungen Darsteller auch selbst Vorbild sein? Hierauf antworten die Figuren skeptisch. Sie führen miese Schulnoten an und Eigenschaften wie schlechte Laune, Vergesslichkeit und Ängstlichkeit. Sie taugen eher zu Antihelden, so die Botschaft.
Doch in der letzten Szene offenbaren sie, dass sie als Helden mit einer „Supermacht“ sehr wohl etwas anzufangen wüssten. In einer Traumsequenz stellen sich die jungen Schauspieler vor, wie sie als Retter der Welt das Böse auslöschen, Atomkraftwerke abschalten und unfähige Lehrer wieder zurück in die Schule stecken. Was bleibt, fasst Darstellerin Elisabeth Kropp nach der Aufführung zusammen: Jugendliche suchen nach Vorbildern und jeder hat welche – „ob nun bewusst oder unbewusst“.Christin Köppen
Christin Köppen
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